Wer mit Karte oder App bezahlt, hinterlässt eine Datenspur. Mit Bargeld bleibt man anonym – kann dafür aber nicht in einem Online-Shop bezahlen.
Der GNU Taler der Berner Fachhochschule (BFH) will die vielen Vorteile von Bargeld und Technologien wie Karte oder Apps in einem neuen Bezahlsystem kombinieren, möglichst ohne deren Nachteile: Wer Geld ausgibt, soll anonym bleiben, wer Geld empfängt, kann das nicht verschleiern.
Technik unsichtbar machen
Ausgedacht hat sich das System Christian Grothoff, Professor für Informatik an der BFH. Er zeigt mir, wie ich mit GNU Taler an der Fachhochschule ein Buch kaufen kann.
Dazu braucht es eine App auf dem Handy, die als digitales Portemonnaie dient. Zuerst fülle ich die digitale Börse mit GNU Taler Marken im Wert von 22 Franken.
Für die Demo spielt Christian Grothoff die Bank und nimmt mein Bargeld entgegen. Im Hintergrund läuft ein komplexer Vorgang ab, von dem ich nichts mitbekomme. Die Nutzung der Taler-App ist ein Kinderspiel, das ist dem Erfinder wichtig: «Die beste Technik ist die, die verschwindet», so der Informatiker.
Schutz der Privatsphäre
«Für Sie als Benutzer ist der Datenschutz wie bei Bargeld», so Christian Grothoff weiter. Alle Daten bleiben auf meinem Smartphone, ich kann damit machen, was ich will – nach einem Kauf eine Quittung erstellen oder die Daten einfach löschen.
Am Automaten kaufe ich mir nun ein Buch. Zum Bezahlen halte ich einfach die Kamera des Smartphones auf den QR-Code. Meine GNU Taler Marken schliessen mit dem Automaten einen Vertrag ab. Da keine Verbindung zu meinem digitalen Portemonnaie besteht, kann niemand zurückverfolgen, wie ich mein Geld ausgebe.
Keine Steuerhinterziehung
Die App schickt nun 22 Marken an den Automaten, der sie wiederum an die Bank weiterleitet. Die schreibt dem Betreiber des Automaten 22 Franken gut. Wer GNU Taler Marken von einer Kundin oder einem Bekannten bekommt, kann sie nicht direkt ausgeben.
Im Unterschied zu Bargeld und einigen Kryptowährungen soll das System die Privatsphäre des Verkäufers nicht absolut schützen: «Ein Händler, der Geld bekommt, kann das nicht verstecken», so Christian Grothoff. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass der Verkäufer sich an Regeln halten muss, dass er zum Beispiel die Steuern nicht hinterziehen kann.
Tiefe Kosten
Der GNU Taler ist schnell und effizient. Würde die Nationalbank das System auf breiter Basis betreiben, würden die Kosten für eine Überweisung nur einen Tausendstel Rappen betragen, schätzt Christian Grothoff.
Für die Gesellschaft stelle sich deshalb die Frage, ob wir neben der Mehrwertsteuer auch noch zwei Prozent Kreditkartensteuer bezahlen wollen.
GLP-Nationalrat Jörg Mäder will nun im Rahmen eines Postulates vom Bundesrat wissen, welche gesetzlichen Änderungen notwendig sind, damit die Nationalbank ein digitales Bezahlsystem wie den GNU Taler einführen könnte, welche Sicherheitsbedenken bestehen und wie der Zeitrahmen aussieht.
Auch wenn das Bezahlsystem der BFH tatsächlich eingeführt werden sollte, wird es Bargeld nicht ablösen. Ganz abschaffen möchte auch Christian Grothoff weder Münzen noch Noten. Bargeld hat einen grossen Vorteil, den man durch digitale Technologie kaum ersetzen kann: Bezahlen kann man auch dann, wenn die Internetverbindung oder die Stromversorgung ausfällt.
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