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Digitalisierung in der Schweiz Datenschützer wünscht sich mehr Sorgfalt und Kooperation

Alarmierend sorglos sei die Haltung bei gewissen – auch öffentlichen – Digitalisierungsprojekten, sagt Adrian Lobsiger.

Die Wirtschaft, der Bund, die Kantone erheben Daten für ihre Digitalisierungsprojekte. Zum Beispiel für neue Register wie das Patientendossier oder die geplante nationale Polizeiplattform. Seit letztem September müssen sich die Digitalisierer an das neue, strengere Datenschutzgesetz halten.

Der oberste Datenschützer hat Bilanz gezogen über seine Arbeit, und er tat dies mit einer gewissen Besorgnis. «Es gibt digitale Vorhaben in der Verwaltung und in der Privatwirtschaft, wo das neue Datenschutzgesetz nicht unbedingt auf eine enthusiastische Lust trifft, es umzusetzen», beschreibt Adrian Lobsiger seine ersten Erfahrungen.

In den Projekten wird meist erst am Schluss an die gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes gedacht.
Autor: Adrian Lobsiger Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB)

Die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes werde bei der Digitalisierung oft unterschätzt, sagt Lobsiger. In den Projekten werde meist erst am Schluss an die gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes gedacht.

Polizeidatenbank und Geldwäschereiregister als Beispiele

Etwa bei der neuen nationalen Verknüpfung aller Polizeidatenbanken sehen Lobsiger und seine Kollegen in den Kantonen Alarmzeichen. So sei die Abfrageplattform zu wenig präzise. Bis heute sei unklar, für welche Art von Abfragen diese Plattform genutzt werden dürfte: «Wir wissen, dass es allesamt sensible Daten sind. Aber wir wissen nicht, wie sich die Verknüpfungen auf die Rechte und die Situation der Bürgerinnen und Bürger auswirken.»

Auch bei einem neuen Register im Bereich der Geldwäscherei stösst der Datenschützer auf Widerstand. Auf die Beantwortung seiner Fragen warte er bis heute: «Dort ist eine Reihe von Behörden zugriffsberechtigt. Wir haben aber keine Angaben, ob diese Behörden das tatsächlich brauchen und ob sie einmal im Jahr oder tausendmal pro Woche zugreifen müssen.»

Mangelndes Verständnis in sensiblen Bereichen

Für den nationalen Datenschützer sind solche Situationen eine Blackbox. Fordere er präzise Angaben, höre er oft, dass es für die Digitalisierung keine besondere Begründung oder Beschränkungen brauche.

Adrian Lobsiger
Legende: Die Digitalisierung werde zum Teil ohne Rücksicht auf den Persönlichkeitsschutz vorangetrieben, schreibt der oberste Datenschützer der Schweiz, Adrian Lobsiger, im jüngsten Tätigkeitsbericht. Keystone/Peter Schneider

Doch für Adrian Lobsiger ist die Digitalisierung kein Freipass für eine Vernachlässigung des Persönlichkeitsschutzes. Seine Arbeit sei zwar nicht einfach, aber als unabhängige Datenschutzaufsichtsstelle erlaube er sich auch, kritische und nicht populäre Positionen einzunehmen.

Doch Adrian Lobsiger hat nicht nur Leiden, sondern auch Freuden zu bilanzieren. Etwa beim Aufbau der neuen elektronischen Identität, der E-ID. Da sei er von Anfang einbezogen worden.

Rendez-vous, 25.06.2024, 12:30 Uhr;kobt

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