Sich mit Freunden austauschen, eine Wohnung suchen, sich auf eine Stelle bewerben: Heute funktioniert in der Lebens- und Arbeitswelt fast alles digital. In manchen Fällen sogar ausschliesslich digital. Wer damit nicht klarkommt, bleibt aussen vor.
Vor allem Menschen mit wenig Einkommen sind häufig von der digitalen Welt abgeschnitten. Zwar scheint jede und jeder heute ein Smartphone zu haben, für viele ist der Umgang damit selbstverständlich. Doch damit sei die digitale Welt noch nicht erschlossen, erklärt Isabelle Lüthi. Sie leitet das diesjährige Armutsforum zum Thema Digitalisierung und Armut bei der Caritas Zürich. «Es braucht eine digitale Infrastruktur. Und die verursacht erhebliche Kosten.»
Handy, Laptop, Drucker, Internetzugang – pro Monat kostet das ganze Zubehör durchschnittlich 280 Franken. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS). «Das ist ein stattlicher Betrag für einen Haushalt mit einem tiefen Einkommen.» Andererseits brauche es digitale Grundkompetenzen, um überhaupt digitale Angebote nutzen zu können.
«Ich muss wissen, wie ich Handy und Laptop bediene. Ich muss wissen, wie ich online eine Bewerbung für eine Wohnung oder einen Job ausfülle.» Dabei zeigen wiederum Zahlen des BFS: Rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung hat nur geringe oder gar keine digitalen Kompetenzen. «Diesen Menschen fällt es sehr schwer, Online-Angebote zu nutzen», sagt Lüthi.
Rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung hat geringe oder keine digitalen Kompetenzen.
In der Stadt Zürich zum Beispiel können sich Wohnungssuchende nur online um eine städtische Wohnung bewerben. Dazu braucht es einen persönlichen digitalen Zugang. «Nur schon das nötige Login dazu zu erstellen, ist für manche Menschen sprachlich eine Herausforderung. Oder eben auch digital.»
Lüthi erzählt ausserdem das Beispiel einer Mutter, die von der Schule über acht verschiedene Lernplattformen informiert wurde, mit acht verschiedenen Logins und Passwörtern. Weil die Frau zu Hause keinen funktionierenden Computer hat, musste sie alles mit dem Handy machen. «Das war für sie sehr mühsam. Wer selbst über eine funktionierende Infrastruktur verfügt, denkt da gar nicht daran.»
Der digitale Graben wird grösser
Aber selbst wenn die Infrastruktur vorhanden ist: Es braucht stetige Weiterbildung. Für wenig qualifizierte Menschen ist dies wiederum schwierig. Es braucht Zeit, Geld und die Unterstützung des Arbeitgebers. Ressourcen, die meistens fehlen. «Das ist ein grosses Problem», sagt Lüthi. Tendenziell bilden sich deshalb Menschen weiter, die bereits eine gute Grundbildung haben und über die nötigen Mittel verfügen.
«Der digitale Graben wird so immer grösser.» Das Risiko bestehe, dass Niedrigqualifizierte in prekäre Jobs abgedrängt werden. Die Caritas sieht deshalb die Arbeitgeber in der Pflicht, Weiterbildungen zu ermöglichen. «Wichtig sind auch existenzsichernde Stipendien für Aus- und Weiterbildung.»
Um die digitale Ungleichheit zu bekämpfen, bietet die Caritas selbst niederschwellig Kurse, Workshops und Beratungen an. 2021 haben in der «Lernstube» der Caritas in Zürich-Altstetten 300 Menschen ihre digitalen Kompetenzen verbessert.