Franziska Dosenbach (1832-1917) war für ihre Zeit eine ungewöhnliche Frau. Sie zeigte unternehmerischen Geist und das Interesse, Neues auszuprobieren. Sie setzte auf Schuhe aus der Fabrik zu günstigen Preisen und etablierte so die Marke Dosenbach zuerst im Heimatstädtchen Bremgarten, später in der ganzen Schweiz. Und das, obwohl die Kundschaft zuerst skeptisch war. «Finke Fränzi», wie sie auch genannt wurde, hat sich im Schuhhandelsgeschäft durchgesetzt, als tüchtige Geschäftsfrau und Mutter von 13 Kindern.
Franziska Dosenbach gründete das gleichnamige Schuhhaus 1865 im Aargauischen Bremgarten, expandierte zuerst nach Baden, dann nach Zürich und später in die Westschweiz. Sie fing in der Sattlerei ihres Mannes an und entwickelte ihren Schuhverkauf zu einem nationalen Filialbetrieb. «Unsere Hochachtung gilt jenen Pionieren, die den Mut hatten, unter enormen Schwierigkeiten eine Schuhindustrie aufzubauen», schreibt die Firma Dosenbach über die eigene Firmengeschichte.
Der Weg zur Geschäftsfrau
Franziska Dosenbach kam 1832 als Anna Maria Francisca Buchmann in Luzernischen Seetal zur Welt. Nach dem frühen Tod des Vaters kam sie mit ihrer Mutter nach Bremgarten (AG), zu ihrem Stiefvater. Hier besuchte sie die Schule, später das Töchterinstitut in Sarmenstorf (AG). Dort lernte sie Haushaltführung, Französisch, Musik und Strohflechterei.
Dieses Know-how nutzte die junge Frau. Sie arbeitete als Ferggerin (Vermittlung für Heimarbeit) für eine Wohler Strohflechtfirma und beschäftigte bald eine grosse Zahl von Heimarbeiterinnen. Wie es in den Neujahrsblättern von Bremgarten von 2016 steht. Sie entwarf eigene Musterbücher und sei als Frau mit Sachkenntnis für heiratswillige Männer eine «gute Partie» gewesen. 1853 heiratete sie mit 21 Jahren Kaspar Dosenbach, einen aus Paris heimgekehrten Sattler.
Dieser führte eine Sattlerei in Bremgarten und war praktisch der einzige Sattler in der Region. Er arbeitete in der Sattlerei, auf Höfen vor Ort, und beschäftigte mehrere Gesellen. Franziska Dosenbach sorgte für das Geschäft zu Hause. Die Familie verdiente gutes Geld.
Trend für Fabrikschuhe erkannt
Auf einer Messe in Zürich stiess Franziska Dosenbach auf Schuhstände von Fabrikanten aus Deutschland. Sie verkauften in Zürich fabrikgefertigte Schuhe. Die industriellen Schuhe waren günstiger als handgefertigte vom Schuhmacher. Dosenbach kaufte ein paar Dutzend zusammen und bot sie im Sattlereibetrieb in Bremgarten an. Die Kundschaft sei zuerst skeptisch gewesen, heisst es in der Firmenchronik von Willy Baerlocher.
Die Geschäftsfrau liess sich nicht beirren und kaufte Restbestände von zwei Schuhfabrikanten auf. Das Geschäft in Bremgarten lief immer besser. «Die regionalen Schuhmacher hatten wohl kaum Freude, aber Dosenbachs Schuhe wurden für die Kundschaft attraktiv», erklärt Fridolin Kurmann, Präsident des Stadtmuseums Bremgarten.
Das Geschäft lief so gut, dass Franziska Dosenbach die Schuhe auch an verschiedenen Märkten im Aargau verkaufte. Mitte der 1870er-Jahre eröffnete sie dann einen zweiten Laden in Baden. Die ganze Familie wurde eingespannt, die älteste Tochter leitete die Filiale in Baden.
Franziska Dosenbach stand nach dem Tod ihres Mannes allein da, mit 13 Kindern.
24 Jahre lang waren sie und Kaspar Dosenbach verheiratet, sie hatten 13 Kinder. 1877 verstarb ihr Mann Kaspar an einer Lungenentzündung. «Franziska Dosenbach stand allein da, mit 13 Kindern», schreibt Autor Jörg Baumann in den Neujahrsblättern Bremgarten.
Nach dem Tod ihres Mannes machte sich Dosenbach als Schuhhändlerin selbstständig. Sie verkaufte die Sattlerei ihres Mannes und expandierte ihr Schuhgeschäft weiter. «Dass sie nebst 13 Kindern noch ein Geschäft grossgezogen hat, ist bemerkenswert», findet Fridolin Kurmann, Präsident des Stadtmuseums Bremgarten.
Expansion nach Zürich
1878 eröffnete Franziska Dosenbach ein weiteres Geschäft am Rennweg in Zürich. Eine weitere Tochter übernahm die Leitung dieser Filiale, Sohn Carl Dosenbach war für die Logistik zuständig. Er belieferte die Zürcher Filiale mit Fuhrwerken vom Lager in Bremgarten her.
Das Geschäft in Zürich florierte. Einer der Söhne eröffnete weitere Filialen in Fribourg und Murten, weil er in der Region studiert hatte.
Ein paar Jahre später, 1883, heiratete Mutter Franziska erneut, ihren Jugendkameraden und früherer Verehrer Louis Wohler aus Wohlen. Auch Wohler wurde ins Familiengeschäft eingebunden. Er half bei der Erziehung der Kinder, übernahm die Buchhaltung und Geschäftsleitung des Schuhhauses. Später übernahm Sohn Carl die Führung des Schuhimperiums.
Keine Gedenktafeln
Dieses brachte der Familie viel Geld ein. Als Franziska Dosenbach 1917 nach längerer Krankheit verstarb, besass sie 17 Liegenschaften. Heute erinnert kein Grabstein und keine Gedenktafel an die fleissige Unternehmerin. Weder in Bremgarten noch in Zürich sind Erinnerungstafeln zu finden. Der Dosenbach-Laden in Bremgarten schloss Anfang der 1970er-Jahre. Das Ursprungshaus steht noch.
1973 übernahm der deutsche Grosskaufmann Heinz-Horst Deichmann das Schweizer Schuhhaus Dosenbach. Die Marke Dosenbach wurde aber beibehalten. «Ein guter Riecher, den gut eingeführten Markennahmen zu behalten», schreibt Jürg Baumann, Autor der Bremgartner Neujahrsblätter (2016).
1992 stiess Rivale Ochsner Sport zu Dosenbach. Die Dosenbach-Ochsner AG hat heute ihren Sitz in Dietikon und verkauft weiterhin unter dem Namen Dosenbach Schuhe, Accessoires und Sportartikel. Heute führt Dosenbach 200 Filialen in der Schweiz und beschäftigt rund 1500 Angestellte. Die Firma selbst bezeichnet sich als Marktführer im Schweizer Schuhmarkt.