Zum Inhalt springen

Drogen im Drink Basel: Mit einem «Filmriss» ins neue Jahr

Mehrere Gäste eines Basler Lokals vermuten, ihnen sei an Silvester Drogen verabreicht worden. Nun befürchtet eine Politikerin, auch während dem ESC könnten Menschen Opfer von K.-o.-Tropfen werden.

  • Das Basler Szenelokal «Hirscheneck» teilte nach Silvester mit, mehreren Partygästen seien K.-o.-Tropfen verabreicht worden.
  • Die auch als «Vergewaltigungsdroge» bekannte Substanz lässt sich leicht in Getränke mischen.
  • Eine Politikerin will nun Partygästen K.-o.-Tropfen-Armbänder abgeben, damit sie ihre Getränke selbstständig auf Drogen testen können.

«Wie die Narkose bei einer Operation. Einfach weg.» So beschriebt ein 17-Jähriger, was ihm in der Silvesternacht passiert ist.

Lediglich zwei «Erinnerungsfetzen» habe er. Beispielsweise wisse er noch, dass er seinen Vater angerufen und gesagt habe, er brauche Hilfe. Dass ihn dieser dann abgeholt habe, wisse er nur, weil das sein Vater später erzählt habe.

Mehrere Menschen klagen über Symptome

Diesen Filmriss habe er nicht selbst herbeigeführt, so der Schüler. Er habe an jenem Abend lediglich vier Stangen Bier getrunken und keine Drogen zu sich genommen – jedenfalls nicht bewusst. Seinen Zustand konnte er sich darum nicht erklären.

Restaurant Hirscheneck von aussen.
Legende: Das Restaurant schaffte selbst Transparenz: «Leider haben wir die Info bekommen, dass an Silvester Menschen im und vor dem Hirschi K.-o.-Tropfen verabreicht wurden.» Kanton Basel-Stadt, Sabine Schneeberger

Erst als sechs Bekannte über ähnliche Symptome klagten, habe er an die Möglichkeit von K.-o.-Tropfen gedacht. Auch sie konnten sich den Filmriss, den sie hatten, nicht erklären.

Auf der Suche nach der Ursache seines Aussetzers habe er sich bei Apotheken und Spitälern kundig gemacht, so der Schüler. Dabei habe er erfahren, dass der Nachweis von K.-o.-Tropfen schwierig sei. Da es ihm wieder besser ging, habe er das Spital nicht extra für einen Test aufgesucht.

K.-o.-Tropfen sind nur wenige Stunden nachweisbar

Box aufklappen Box zuklappen

«K.-o.-Tropfen» ist ein Überbegriff für eine Bandbreite sedierender Substanzen. Nimmt ein Menschen K.-o.-Tropfen ein, wird er betäubt. Er kann sich also kaum mehr wehren und weiss im Nachhinein meist nicht mehr, was er tat, oder was mit ihm gemacht wurde. K.-o.-Tropfen werden oft als «Vergewaltigungsdroge» bezeichnet. Dies, weil man bisher vor allem im Zusammenhang mit Sexualdelikten von K.-o.-Tropfen hörte. Im Blut nachweisen kann man sie nur während etwa sechs Stunden nach dem Konsum. Im Urin kann man sie bis zu 12 Stunden nachweisen.

Laut Bund tritt die Wirkung aber bereits nach etwa 15 Minuten ein. Es handle sich um eine Droge, die «geeignet für die heimtückische Anwendung» sei. Weiter klärt der Bund auf: «Hinter den komplizierten chemischen Namen Gammahydroxybuttersäure (GHB), Gammahydroxybutyrolacton (GBL), Butandiol (BD) verbergen sich drei ähnliche Substanzen, die besser unter den Bezeichnungen K.-o.-Tropfen oder Liquid Ecstasy bekannt sind.»

Tage später habe er dann aber doch eine Anzeige gegen Unbekannt gemacht. Nicht so seine Bekannten, die ebenfalls vermuten, Opfer geworden zu sein.

ESC ohne Opfer von K.-o.-Tropfen

Nach der verhängnisvollen Silvesternacht fordert FDP-Kantonalpolitikerin Silvia Schweizer, dass Basel-Stadt handelt. Sie hat einen entsprechenden Vorstoss im Kantonsparlament eingereicht. «Auch im Hinblick auf Grossanlässe wie dem ESC müssen wir präventiv tätig sein», so die Politikerin. Geplant ist in Basel unter anderem eine ESC-Festmeile. Da seien, wie in der Silvesternacht, viele feiernde Menschen nahe beisammen.

Hände, die ein kleines Flääschen halten. Auf der Etikette sieht man noch «GHB», also das es KO-Tropfen sind.
Legende: Wer GHB, besser bekannt als K.-o.-Tropfen, verabreicht bekommt, wird wehrlos. Danach kann er oder sie sich nicht mehr erinnern, was passiert ist. Keystone/JEAN-GUY PYTHON

Schweizer nennt als Beispiel K.-o.-Tropfen-Armbänder. Damit könne man selbstständig Drogentests durchführen.

Armbänder für den Selbsttest

«Diese Bänder haben verschiedene Testpunkte, wo man einen Tropfen des eigenen Getränks darauf tröpfeln kann», erklärt Polizeisprecher Stefan Schmitt. Dies, weil K.-o.-Tropfen schon in Getränke gemischt wurden, um spätere Opfer gefügig zu machen.

Wir sind daran, neue Drogentests zu suchen, die besser sind.
Autor: Stefan Schmitt Sprecher Polizei Basel-Stadt

2021 hat die Basler Polizei solche Armbänder schon einmal abgegeben. Da habe die Polizei aber bemerkt, dass sie weder zuverlässig noch benutzerfreundlich seien, erklärt Polizeisprecher Stefan Schmitt. «Wir sind deshalb daran, neue Drogentests zu suchen, die besser sind.»

Die Vorfälle an Silvester und der politische Vorstoss könnten diese Suche nun beschleunigen. Nach dieser Silvesternacht hofft auch die Polizei darauf, noch vor dem ESC eine Lösung zu finden. Im Mai erwartet Basel als Austragungsort des weltweit grössten Musikanlasses insgesamt nämlich etwa 500'000 Besucherinnen und Besucher.

Regionaljournal Basel, 9.1.2025, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel