- Ein Bericht im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft kommt zum Schluss: Goger hat seine Arbeiter um mindestens 3.2 Mio. Franken geprellt.
- Zudem sagen ehemalige Kader-Mitarbeiter aus, die Arbeiter hätten einen Teil ihres Lohns bar zurückzahlen müssen.
- Kurt Goger will gegenüber «Rundschau» und «WOZ» nicht Stellung zu den neuen Erkenntnissen nehmen.
Es sind heftige Vorwürfe gegen den Unternehmer Kurt Goger: Dumping-Löhne und Ausbeutung. Eine Gruppe ehemaliger Mitarbeiter brachten diese 2015 an die Öffentlichkeit – mit Unterstützung der Gewerkschaft Unia und des Gipsermeisterverbands. Goger bestritt diese Vorwürfe und ging rechtlich dagegen vor. Im Fall Goger sind auch heute noch mehrere Verfahren hängig.
Doch jetzt zeigt sich: Gogers Firma hat die Arbeiter tatsächlich um Millionen Franken geprellt. Das zeigt ein Bericht im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft. Ein externer Prüfer hat die Lohnbücher der Firma der Jahre 2013 bis 2016 überprüft und kommt zum Schluss: Der Unternehmer hat seinen Mitarbeitern mindestens 3.2 Millionen Franken vorenthalten.
Zudem habe Gogers Firma den Prüfer mit «offensichtlich falschen Daten» beliefert. Dieses Vorgehen sei «beispiellos». Erst durch Akteneinsicht beim laufenden Strafverfahren gegen Goger kam der Prüfer zu den richtigen Daten.
Kadermitarbeiter geben Rückzahlungen zu
Die Staatsanwaltschaft Zürich ermittelt zurzeit gegen Goger wegen Betrugs und Urkundenfälschung. Die zuständige Staatsanwältin will das laufende Verfahren nicht kommentieren. Für Goger gilt die Unschuldsvermutung.
Bei den Ermittlungen geht es auch um einen zweiten Vorwurf: Die Arbeiter hätten einen Teil ihres Lohnes auf den Baustellen bar zurückzahlen müssen. Goger und seine Kadermitarbeiter stritten dies stets ab. Doch jetzt geben der ehemalige Personalvermittler, eine Buchhalterin sowie ein Projektleiter zu, dass es diese Zahlungen gegeben hat. Das zeigen Akten aus der Strafuntersuchung, die der Rundschau und der «WOZ» vorliegen. Goger hat auch diese Vorwürfe immer bestritten.
Der Personalvermittler sagt, er habe jeweils die Differenz zwischen dem nach GAV ausbezahlten Monatslohn und dem abgemachten Dumping-Lohn von den Arbeitern einkassiert. Er selbst habe dafür monatlich 2500 Franken erhalten. Den Rest, insgesamt über eine Million Franken, habe er Goger bar in Couverts übergeben. Wie aus den Untersuchungsakten hervorgeht, wurde eine Schattenbuchhaltung geführt, um die Zahlungen zu verbergen.
Eine «Genugtuung» für die Gipsermeister
Gemäss Recherchen wurde Goger anfangs Jahr in Italien festgenommen, ist dann aber geflüchtet und befindet sich heute mutmasslich in Österreich. Kurt Goger wollte zu den neuen Erkenntnissen nicht Stellung nehmen. Über die Firma Goger-Swiss wurde im Sommer 2018 der Konkurs eröffnet. Die Chance, dass die Arbeiter die vorenthaltenen Lohngelder noch bekommen, ist sehr klein.
Für Severino Cassani vom Gipsermeisterverband ist diese neuste Entwicklung «eine Genugtuung». Es sei der Beweis, dass die Vorwürfe stimmten und nicht, wie von Goger behauptet, eine Kampagne seiner Konkurrenten war.
Für Lorenz Keller von der Unia zeigt der Fall Goger, dass es keine Abschwächung des Lohnschutzes vertrage. Eine solche befürchten die Gewerkschaften mit dem geplanten Rahmenabkommen mit der EU: «Es ist kein Einzelfall, Lohndumping auf Zürcher Baustellen ist Realität. Wir kämpfen heute schon mit Instrumenten, die nicht mehr geeignet sind.»