Acht Prozent. Nur noch acht Prozent Batterieladung bleibt uns. Wir schalten die Klimaanlage aus. Das spart Strom. 33 Grad hin oder her. Noch sind wir nicht in Grosseto. Und noch wissen wir nicht, ob die Ladestation dort auch funktioniert. Es ist Tag drei unseres Roadtrips. Mit voller Anspannung und leerem Akku rollen wir durch die Toskana.
Warum kann man hier nicht laden?
Dabei hat alles so einfach begonnen: Tag eins, in Aosta ist die Ladestation rasch gefunden. Beim Espresso in der Bar nebenan vergeht die kurze Ladezeit im Flug. Erst kurz vor Genua wird uns klar: So einfach wirds nicht bleiben.
Viele Ladestationen sind zu langsam: Stundenlang laden liegt einfach nicht drin auf der Durchreise. Wir erleben, was die Statistik belegt: Italiens Ladenetz liegt im Europa-Ranking des Verbands der deutschen Autoindustrie weit hinten auf Platz 21 von 31 Staaten.
«Ein Totalversagen»
Die EU hat Ladestationen mitfinanziert. Doch manche Staaten bauten planlos drauflos. Es sei nicht umfassend analysiert worden, wo es wie viele Stationen brauche, schreibt der EU-Rechnungshof.
Noch deutlicher wird der EU-Parlamentarier Markus Pieper: «Für mich ist das ein Totalversagen. Einige Mitgliedsländer haben es nicht hingekriegt, mit dem vielen Geld auf vernünftige Projekte zu kommen», sagt der deutsche CDU-Verkehrspolitiker zur «Rundschau».
Ölfirmen als Bremser?
Am ersten Tag, kurz vor Genua, heisst das: Weg von der Autobahn, auf der Suche nach einer schnellen Ladesäule. Auf der schmalen Strasse mit engen Kurven drängeln die Einheimischen hinter uns. Wir fragen uns, weshalb es ausgerechnet an der Autobahn keine Schnellladestation gibt.
Das Lobbying der Ölindustrie sei schuld, sagt später am Telefon Mario Grosso, Professor für Umwelttechnologie am Mailänder Polytechnikum. «ENI und die anderen Ölkonzerne wollten keine Elektrokonkurrenz an den Autobahnen. Mit ihrem politischen Einfluss haben sie die Entwicklung gebremst.» ENI betont auf Anfrage, wie stark der Konzern heute in Ladestationen investiere. Druck macht auch Brüssel: Das Klimapaket der EU-Kommission verlangt künftig entlang der wichtigsten Autobahnen Ladestationen alle 60 Kilometer.
Wir waren gewarnt
Zurück in die südliche Toskana. Tag drei unseres Roadtrips, der Akku fast leer. Uns wird bewusst: «Elektrofahrer» sind in Italien immer noch Pioniere. Erst drei von tausend Autos haben einen Stecker. In der Schweiz sind es dreimal mehr. «Weiter im Süden Italiens wird es schwieriger», haben uns Elektroautofahrer gewarnt. Sie hatten recht. Längst bestimmen die Standorte der Schnellladestationen unsere Reiseroute mit.
Wir erinnern uns an das holländische Ehepaar von Tag zwei. Auch sie wollten mit ihrem Elektroauto nach Rom. Kurz vor dem Ziel gaben sie auf und nahmen den Zug: «Italien könnte es besser machen», sagten sie beim Schwatz an der Raststätte.
Ernsthafte Probleme bleiben uns aber auch am Tag drei erspart: Der Akku reicht bis zur Ladestation. Weiter geht's ins Hinterland. Am Abend steuern wir im malerischen Bolsena die einzigen zwei Ladesäulen an. Doch beide sind besetzt. Und bereits wartet ein belgisches Touristenpaar. Wir müssen warten. Erst Stunden später ist die Säule frei.
Nervenkitzel an Bord
Am vierten Tag ist der Weg nach Rom nur noch kurz. Auf den letzten Kilometern ziehen wir Bilanz: Eine Prise Abenteuer schwingt mit beim E-Roadtrip durch Italien. Aber der Nervenkitzel wird zum Teil des Reise-Erlebnisses. Die Anbieter bauen aus. Es tut sich was – wenn auch langsam. Aber Rom wurde schliesslich auch nicht an einem Tag gebaut.