In den letzten Wochen kämpften fast alle Parteien und Verbände gegen die Ecopop-Initiative. Mit unzähligen Auftritten und grossflächigen Inseraten wehrten sie sich gegen die bereits zweite Zuwanderungsinitiative in diesem Jahr. Die Erleichterung nach dem Nein des Stimmvolks zu der Vorlage ist gross.
«Pragmatismus hat obsiegt»
«Ich bin sehr erleichtert, dass die Initiative deutlich abgelehnt wurde», sagt FDP-Nationalrätin Christa Markwalder. Sie hat sich im Abstimmungskampf stark gegen die Ecopop-Initiative engagiert. Der Pragmatismus habe «wiedereinmal obsiegt», so die Berner Volksvertreterin. Eine deutliche Mehrheit der Stimmbevölkerung habe realisiert, wie schädlich die Auswirkungen der Ecopop-Initiative gewesen wären.
Die Schweiz habe eine der tiefsten Arbeitslosigkeiten in Europa, deshalb finde auch eine Zuwanderung von Menschen statt, die hier arbeiten wollten. «Die Zuwanderung ist ein Ergebnis unseres Erfolgs.» Zum weiteren Vorgehen sagt Markwalder, man müsse trotz dem Nein zu Ecopop nun natürlich Lösungen finden, um die am 9. Februar angenommene Zuwanderungsinitiative der SVP umzusetzen.
Nein stärkt dem Bundesrat in Brüssel den Rücken
Auch CVP-Ständerat Urs Schwaller zeigt sich zufrieden und erleichtert. Die Initiative sei gefährlich gewesen, weil sie das Misstrauen gegenüber Parlament, Verbänden und anderen Akteuren bewirtschaftet habe. Die Initianten hätten suggeriert, nur mit der Ecopop-Vorlage sei der Zuwanderung beizukommen. «Darum war sie so gefährlich.»
Die Ablehnung der Ecopop-Initiative habe sicher innenpolitische Folgen, ist der Freiburger Ständerat überzeugt. «Bei den Massnahmen wie Raumplanung oder Mobilitätsfragen wird es sicher einen Einfluss haben.» Zwar könne er nicht beurteilen, wie das Nein zu Ecopop europäisch beachtet werde. Trotzdem ist sich Schwaller sicher: «Das Nein stärkt dem Bundesrat den Rücken wenn er in die Diskussionen und Verhandlungen einstiegt.»
Die Landesregierung müsse nun rasch mit Lösungsvorschlägen kommen. «Sonst überlassen wir das Feld wieder jenen, die die Frage der Zuwanderung bloss bewirtschaften, sie aber nicht lösen wollen.» Die Strategie dieser Kreise sei es, bei den Wahlen im Herbst 2015 mit dem Thema Zuwanderung Stimmen zu holen, so Schwaller.
Für seinen Zuger Parteikollegen Gerhard Pfister zeigt das Nein zu Ecopop: «Starre Kontingente werden klar von einer deutlichen Mehrheit der Schweizer abgelehnt.» Der CVP-Ständerat warnt aber davor, dass man das Nein zu Ecopop gegen das Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative ausspielt. Bei letzterer sei man gehalten, einen Volksentscheid zu akzeptieren – aber nicht so, wie das jetzt Ecopop wollte.
Volk will keine radikale Politik
Erleichterung auch auf Seiten der SP: «Ich habe nicht geglaubt, dass eine so deutliche Ablehnung der Initiative möglich ist in diesem Land», sagt Nationalrat Andy Tschümperlin. Das Volk wolle keine radikale Immigrationspolitik, die Leute wollten keine radikalen Beschränkungen der Einwanderung, wie es Ecopop gefordert hatte.
Es gehe nun darum, die Masseneinwanderungs-Inititiative vom Februar umzusetzen, betont SVP-Nationalrätin Nadja Pieren. Auch ihre Partei war bekanntlich gegen Ecopop. Die Zuwanderung müsse wieder kontrolliert werden ist für Pieren klar. Dazu sei ein Kontingentssystem einzuführen, wie dies die SVP-Initiative vorsehe: «Das Volk sagte ja zur Masseneinwanderungs-Inititiave, es will eine kontrollierte Zuwanderung», so Pieren.
Bald eine Abstimmung über Bilaterale?
Anders sieht das SP-Mann Tschümperlin. Für ihn ist wichtig, dass das Volk wieder Vertrauen in die Personenfreizügigkeit erhalte. Denn die Bevölkerung wolle die bilateralen Verträge mit der EU, aber nicht eine unkontrollierte Zuwanderung. Als Rezept dafür nennt er etwa eine Bildungsoffensive, damit «unsere Leute befähigt sind, die Aufgaben zu erfüllen, welche die Wirtschaft an sie stellt.»
Auch müssten die Löhne vor Dumping geschützt und ältere Arbeitnehmer im Arbeitsprozess behalten werden. «Sobald das Vertrauen da ist, wird die Bevölkerung auch die Personenfreizügigkeit wieder unterstützen», ist er überzeugt. Es werde schon bald zu einer neuen Abstimmung kommen, bei der es um die Frage gehen werde: Personenfreizügigkeit ja oder nein. Bis dann müsse das Vertrauen wiederhergestellt sein.