Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die Ecopop-Initiative für gültig erklärt. Die Initiative kommt somit voraussichtlich noch 2014 vors Volk. Der Nationalrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Bei den Bundeshausfraktionen traf Ecopop auf geschlossenen Widerstand.
«Starre Zahlen sind falsch»
Nicht einmal die zuwanderungskritische SVP konnte der Initiative etwas abgewinnen, nachdem sich diese als untaugliches Vehikel zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative erwiesen hatte. «Die Probleme der Zuwanderung werden in der Schweiz noch immer zu wenig ernst genommen. Wie allerdings die Ecopop-Initiative das Problem angehen will mit starren Zahlen, ist falsch», sagte SVP-Parteipräsident Toni Brunner.
Jean-Pierre Grin (SVP/VD) sieht mit Ecopop die Wirtschaft gefährdet. «Die Initiative mit ihrer fixen Zuwanderungsobergrenze würde der Schweiz jeglichen wirtschaftlichen Handlungsspielraum rauben. Insgesamt zeichnet sich das Begehren durch eine unglaubliche Arroganz aus.»
«Ecopop statt poppen»
Philipp Hadorn (SP/SO) störte sich vor allem an der imperialistischen Komponente. «Wirtschaft und Gewerkschaften konnten gemeinsam nachweisen, dass ein wesentlicher Anteil unseres Wohlstands gerade auf dem positiven Saldo der Entwicklung der Einwanderung beruht», so Hadorn. «Und den Entwicklungsländern in imperialistischer Manier Ecopop statt poppen oder dies nur mit Schutz zu empfehlen, wäre schlichtweg fehl am Platz.»
Gültigkeit umstritten
So einig man sich in der grossen Kammer im Urteil über die Ecopop-Initiative war, so sehr gingen die Meinungen in der Frage der Gültigkeit auseinander. Vor allem die CVP setzte sich für die Ungültigerklärung ein: «Wenn hier die Einheit der Materie erfüllt ist, dann ist in Zukunft so ziemlich alles möglich», hatte Gerhard Pfister (CVP/ZG) im ersten Teil der Debatte am Dienstag gesagt.
Die vorberatende Kommission war – wie der Bundesrat und der Ständerat – anderer Meinung gewesen: Ihre Ansicht nach fordert die Initiative zwar verschiedene Massnahmen, diese dienen aber dem gleichen Ziel: Der Sicherung der Nachhaltigkeit. «Die beiden Massnahmen müssen nicht sachlich zusammenhängen, es reicht, wenn sie auf das gleiche Ziel gerichtet sind», erklärte Sommaruga.
Einige Rednerinnen und Redner lehnten es aus demokratiepolitischen Gründen ab, die Initiative für ungültig zu erklären: Sie riefen dazu auf, diese mit politischen Argumenten zu bekämpfen, den Entscheid aber dem Volk zu überlassen. Die Mehrheit folgte diesen Argumenten und erklärte die Initiative mit 120 zu 45 Stimmen bei 9 Enthaltungen für gültig.
Keine Grundsatzdiskussion
Chancenlos war auch der Antrag der BDP, die eine Grundsatzdiskussion über die Frage der Gültigkeit führen wollte. Sie schlug vor, die Vorlage an die Kommission zurückzuschicken mit dem Auftrag, zusammen mit der Schwesterkommission eine «tragfähige Praxis» zur Gültigkeit zu entwickeln, welche sowohl den demokratischen Rechten der Initianten als auch der Rechtsstaatlichkeit Rechnung trägt.
Hintergrund ist die Rückweisung der Erbschaftssteuer-Initiative durch den Ständerat. Dieser hatte seine Kommission beauftragt, sich noch einmal mit der Gültigkeit zu befassen. Die BDP befürchtet nun, dass es zu inkohärenten Entscheiden kommt, wenn sich die beiden Räte nicht um eine gemeinsame Lösung bemühen. Der Nationalrat sprach sich jedoch mit 162 zu 8 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen die Rückweisung aus.