- Nach dem Nationalrat hat gestern auch der Ständerat den Vorschlag angenommen, die 300-Franken-Grenze für mehrwertsteuerfreie Einkäufe im Ausland zu streichen.
- Ob Shoppingtrip in Konstanz oder Wocheneinkauf in Lörrach – Einkaufstourismus ist beliebt: Personen aus der Schweiz kaufen jedes Jahr für zehn Milliarden Franken im nahen Ausland ein.
Mit der Änderung reagiert das Parlament unter anderem auf eine Standesinitiative der Grenzkantone Thurgau und St. Gallen, welche die Abschaffung der Wertfreigrenze von 300 Franken fordert.
Schweizer Detailhandel könnte profitieren
In der Bodenseeregion kommt dieser Entscheid gut an: Walter Schönholzer, Thurgauer Volkswirtschaftsdirektor, sagt, Stand heute sei dies «ein gutes Signal an die Detailhändler in der Schweiz».
Wir haben ein enormes Ladensterben.
Ein gutes Signal, denn der Einkaufstourismus soll unterbunden werden und die Wertfreigrenze von 300 Franken fallen. Davon sollen die Detailhändler in seinem Kanton profitieren. «Wir haben ein enormes Ladensterben», sagt Schönholzer. Besonders betroffen: die Region rund um Kreuzlingen und Konstanz. «Hier verspreche ich mir ein klares Zeichen, dass es wieder eine Zukunft gibt.» Nämlich eine Zukunft mit Kundinnen und Kunden, die wieder vermehrt in der Schweiz ihr Geld ausgeben.
Deutsches Gewerbe zeigt sich gelassen
Das Gewerbe in Süddeutschland dagegen reagiert gelassen. So sagt etwa Claudius Marx, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Konstanz: «Die Initiative überrascht uns nicht. Sie freut uns nicht, aber sie bedroht uns auch nicht.»
Je nach Einkauf beliefe sich die Mehrwertsteuer auf drei oder fünf oder sieben Franken.
Das Preisniveau sei immer noch tiefer in Deutschland. Und was die Schweizer Einkaufstouristinnen und -touristen zukünftig neu an Schweizer Mehrwertsteuer abliefern müssten, sei gering. Marx: «Je nach Zusammensetzung des Einkaufs wären das dann drei oder fünf oder sieben Franken. Und das ist salopp gesagt weniger, als sie in Konstanz nach zwei Stunden in den Parkautomaten stecken.»
Wenn das Ganze noch digital beim Grenzübertritt im Zug, im Tram oder Auto via App erledigt werden könne, dann bleibe das Einkaufserlebnis weiter attraktiv, sagt Claudius Marx von der Industrie- und Handelskammer.
Auch Online-Handel sorgt für Konkurrenz
Auf Schweizer Seite ist man sich der generell attraktiveren deutschen Preise bewusst. Der Thurgauer Volkswirtschaftsdirektor Walter Schönholzer sagt: «Das ist kein Selbstläufer. Wir haben auch das Phänomen vom Online-Handel. Das geht nicht weg. Auch die Preisdifferenzen zum Ausland, die sind hoch. Hier müssen wir dranbleiben.»
Für die Schweizer Händler wird es also keine Lösung sein, alleine auf den zukünftigen Grenzschutz zu setzen. Der Einkauf über der Grenze wird wohl weiterhin seinen preislichen Reiz behalten.