Das Wichtigste in Kürze:
- Gleich mehrere Personen aus dem Kanton St. Gallen haben kürzlich ein Einschreiben in kyrillischer Schrift erhalten. Der Briefkopf mutet offiziell an, der Brief ist eigenhändig unterschrieben.
- Die Empfänger können den Brief nicht lesen und befürchten, es handle sich um einen Betrugsversuch.
- Doch Abklärungen von SRF zeigen: Der Brief ist tatsächlich echt und kommt von der russischen Generalstaatsanwaltschaft. Diese informiert die Empfänger über die Menschenrechtlerin Valentina Cherevatenko.
Gleich mehrere Hörerinnen und Hörer des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» haben einen rätselhaften Brief aus Russland erhalten. Direkt an sie adressiert und per Einschreiben verschickt. Mit offiziell anmutendem Briefkopf und eigenhändiger Unterschrift wirkt das Schreiben ziemlich echt.
Empfänger verstehen «Bahnhof»
Betroffene befürchten, es könnte sich um einen Betrugsversuch handeln. Da der Brief komplett in kyrillischer Schrift verfasst ist, verstehen sie kein Wort. Auch der Gang zur Polizei bringt relativ wenig Licht ins Dunkel.
Russland-Korrespondent gibt Entwarnung
David Nauer, SRF-Russland-Korrespondent, entwarnt: Es handle sich um ein Schreiben der russischen Generalstaatsanwaltschaft aus dem Nordkaukasus. Die Empfänger würden über die Freilassung einer Menschenrechtsaktivistin informiert, für die sie sich offensichtlich eingesetzt hätten.
Und tatsächlich: Auf Nachfrage von «Espresso» fällt es den Briefempfängern wie Schuppen von den Augen. Sie sind Mitglied bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Schweiz und schicken regelmässig Beschwerdebriefe im Namen von Menschen, die aus ihrer Sicht zu Unrecht vor Gericht stehen. Dass sich die russischen Behörden tatsächlich die Mühe nehmen, jeden einzelnen Brief mit einem Einschreiben zu beantworten, damit hätten sie allerdings nie gerechnet, schmunzeln die Betroffenen.
Amnesty International bestätigt Echtheit
Tatsächlich echt:
Gegenüber Radio SRF bestätigt Amnesty International die Echtheit des Schreibens. Obwohl es mit dem Rechtsstaat Russland nicht zum Besten stehe, nehme es die russische Justiz manchmal auch sehr genau – wie in diesem Fall.
Dass die bekannte russische Menschenrechtsaktivistin Valentina Cherevatenko vielleicht auch dank der Unterstützung aus der Schweiz freigekommen ist, ist für Amnesty International eine gute Nachricht. Und es zeige, dass solche Briefe durchaus Wirkung zeigten, sagt Mediensprecher Beat Gerber: «Wenn plötzlich hunderte oder tausende von Briefen eintreffen, dann erhöht das den Druck auf die Behörden massiv.»