Eine Befragung der Stadtzürcher Oberstufenschüler brachte es 2018 an den Tag: Jeder sechste Jugendliche zeigte Anzeichen von Depression. Fast drei Viertel der Befragten, die stark von ängstlichen oder depressiven Stimmungen betroffen waren, gaben an, sie seien schon einmal so verzweifelt gewesen, dass das Leben für sie keinen Sinn mehr gehabt habe.
Schülerbefragung Stadt Zürich
Grund genug für den Stadtrat und Schulvorsteher Filipo Leutenegger, zu handeln und ein präventives Angebot zu schaffen. «Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass wir in der Stadt Zürich ein Hilfsangebot entwickelten.»
Tabuthema Depression
In den letzten zwei Jahren arbeiteten deshalb Akteure wie Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter, die Suchtprävention aber auch Eltern ein neues Hilfsangebot aus: «Heb Sorg» heisst es. Der Clou daran: Die Jugendlichen müssen das Angebot nicht aufsuchen, es wird ihnen im Rahmen einer Doppellektion im Klassenzimmer vermittelt.
Das sei nötig, sagt Claude Hunold, Direktor des Schul-Gesundheitsdienstes. Hilfsangebote gebe es zwar reichlich, doch viele Jugendliche getrauten sich nicht, sie in Anspruch zu nehmen. «Unser Ziel ist es, das Thema Depressionen zu enttabuisieren. Wir wollen dazu beitragen, die Hemmschwelle zu senken, um professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen», sagt Hunold. «Kernstück ist sicher, dass wir direkt und aktiv in die Schulen gehen.» Es sei ein rechter Schritt in ein neues Aufgabengebiet der Schulpsychologie und eine wichtige Änderung gegenüber vorher: «Das hat Pioniercharakter».
Es ist ein rechter Schritt in ein neues Aufgabengebiet.
Die Stadt Zürich sei zwar nicht die Erste, die ein solches Angebot kenne, aber seines Wissens die einzige schweizweit, die es flächendeckend einführe. «Wir gehen in alle 2. Sekundarklassen.» Andere Angebote – zum Beispiel in Bern oder Graubünden – beruhten auf Freiwilligkeit.
Neue Dringlichkeit wegen Corona
Aufgegleist wurde das Projekt lange bevor das Coronavirus auftauchte. Mit dem Virus verstärkte sich aber auch die Dringlichkeit: «Das Coronavirus machte das Leben der Jugendlichen noch um Einiges einsamer», sagt Claude Hunold. Jugendliche seien noch häufiger mit negativen Gefühlen konfrontiert.
Andererseits sei jetzt auch der «Nährboden» da um über schwierige Themen zu reden: «Ohne zynisch sein zu wollen: Es sind günstige Bedingungen, um diese Dinge anzusprechen und damit umzugehen.»
Nach den Sommerferien werden die ersten Sekundarschulklassen in der Stadt Zürich die Gelegenheit dazu haben.