Über 50 Jahre alte Büsten aus Schokoladenguss von Dieter Roth, Nachtfotos von David Claerbout, die man in einer Dunkelkammer betrachten muss, oder eine Doppel-Video-Installation von Anri Sala mit zwei Pianos, die dasselbe Ravel-Stück spielen und so Interferenzen erzeugen: Das Schaulager beherbergt nicht Mainstream-Kunst, sondern Werke von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die teils neue und unhandliche Ausdrucksformen nutzen.
Das Konzept funktioniert wunderbar. Eigentlich hätte man es schon viel früher erfinden müssen.
Derartige Kunstwerke gleichzeitig einlagern und präsentieren, anstatt sie platzsparend verpackt in einem Depot zu versorgen – mit diesem Konzept hat das Schaulager in Münchenstein bei Basel vor 20 Jahren die übliche Museumspraxis auf den Kopf gestellt. «Das Konzept funktioniert wunderbar. Eigentlich hätte man es schon viel früher erfinden müssen», sagt Kuratorin Isabel Friedli.
Das Schaulager sei kein Museum, betont sie, sondern es ermögliche, gelagerte Werke in ihrer realen Dimension, Farbe und Materialität zu erleben, anstatt nur auf Fotos und Videos, und so besser über die Ideen dahinter nachzudenken. Täglich seien dafür Schulklassen, Gruppen von Universitäten, ausleihwillige Museumskuratorinnen oder auch Restauratoren im Haus.
Materialforschung zur Werkerhaltung
Letztere interessiert namentlich die Forschung an neuzeitlichen Materialien, die im Schaulager eine wichtige Rolle spielt – beispielsweise ist Schokolade an sich gar nicht dauerhaft, und auch manche Kunststoffe zersetzen sich mit der Zeit. Mit Plastik würden heute viele arbeiten, sagt Friedli. Und wer etwa eine alte Barbie-Puppe auf dem Estrich finde, kenne das Problem mit deren klebrig gewordenen Oberfläche.
Das Schaulager ist vor 20 Jahren nicht aus dem Nichts entstanden.
Das grosszügige Konzept kann sich das Schaulager dank der Stiftungen dahinter leisten: Getragen wird das Haus von der Laurenz-Stiftung, welche die Roche-Erbin Maja Oeri im Andenken an ihren früh verstorbenen ersten Sohn gründete. Entworfen hat den markanten Kubus das Architekturbüro Herzog & de Meuron. Eröffnet wurde es 2003.
«Das Schaulager ist vor 20 Jahren nicht aus dem Nichts entstanden», erklärt Maja Oeri, sondern die Sammlung darin sei lange mit Bedacht angelegt worden. Die Werke zusammen getragen hat die Emanuel Hoffmann-Stiftung, welche ihre Grossmutter Maja Hoffmann-Stehlin 1933 im Andenken an ihren verstorbenen Mann gegründet hatte. Zu den Schätzen der Stiftung gehören auch Werke von Pablo Picasso, Salvador Dalí und Joseph Beuys.
Für das Ehepaar sei die Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst zentral gewesen, was denn auch den Stiftungszweck vorgab. Maja Oeri übernahm diese Stiftung 1995. Wiederverkauft worden sei noch kein einziges Werk. «Die Sammlung bildet immer die Zeit ab.» Weil die Sammlung laufend wächst, wird nun ein Erweiterungsbau geplant.
DieJubiläumsschau «Out of the box» zelebriert das Konzept des gleichzeitigen Einlagerns und Ausstellens mit einem grossen Querschnitt aus der hochkarätigen Sammlung. 90 Werke von 26 Kunstschaffenden sind zu sehen, darunter Peter Fischli, Robert Gober und Tacita Dean. Neben Gemälden und Zeichnungen sind Videos und Installationen zu sehen; manches wird erstmals ausgestellt. Die Schau läuft bis 19. November.