Es ist immer das gleiche, jeden Winter, fast schon ein Ritual: Thomas Mainberger und Hans Dörig schnappen sich Schaufel und Schlauch und machen sich auf, um mit anderen Freiwilligen im kleinen Talkessel Glandenstein hinter dem bekannten Hotel Hof Weissbad bei Appenzell eine Natureisbahn zu bauen.
Wichtig dabei, das Wetter muss stimmen: «Schnee ist die Grundvoraussetzung, er wird gepresst und geebnet», erklärt Mainberger, Präsident des Vereins Natureisbahn Glandenstein. «Und dann heisst es: Wasser, Wasser, Wasser.»
Die 1000 Quadratmeter grosse Eisbahn liegt direkt in der Natur, umgeben von Bäumen. Das – und die Tatsache, dass sie aus Natureis besteht, machen sie besonders. Bis sie bereit ist, braucht es einige Tage – und ein paar helfende Hände.
«Dieses Mal haben wir fast eine Woche gebraucht», sagt Mainberger. Auch danach müssen immer wieder Unebenheiten behoben werden, die bei Natureis auftreten. Löcher werden geflickt, «mit Pflutsch», also weichem Schnee, den Rest erledigt das gefrierende Wasser aus der Giesskanne.
Und dann heisst es: Wasser, Wasser, Wasser.
Wo im Sommer eine Wiese ist, laufen nun im Winter Einheimische und Touristen Schlittschuh. Die Natureisbahn Glandenstein gibt es seit 30 Jahren. Ihre Geschichte geht aber viel weiter zurück – und ist eng verbunden mit dem Hof Weissbad.
Den Anfang machte ein 5000 Quadratmeter grosses Freibad, das in den 1930er Jahren gebaut wurde. Der 79-jährige Hans Dörig blickt zurück: «Man liess das Wasser im Winter nicht ab und so hatten wir hier früh Eis. An einem schönen Sonntag kamen Züge voller Tagesausflügler aus der ganzen Ostschweiz. Kunsteisbahnen gab es ja damals noch nicht.»
Ein regelrechter Hockey-Boom
Bald kamen auch die Hockeyclubs aus der Region, um zu trainieren – allen voran Herisau und Gossau. Man hatte auch einen Standortvorteil: Aufgrund der Lage im schattigen Talkessel war es im Glandenstein oft 1 bis 2 Grad kälter. So hatte man früher Eis als die Nachbargemeinden.
Und so führte eins zum anderen: Die Hockeyclubs inspirierten die Dorfjugend, die sich ebenfalls regelmässig aufs Eis wagte. Und dank des Vaters von Hans Dörig, der in Weissbad ein Sportgeschäft führte, war die nötige Ausrüstung schon früh erhältlich. Darauf ist Dörig auch heute noch stolz – ganz besonders auf die Trikots des EHC Appenzell: hellblaue Shirts mit weissem Schriftzug.
Mit dem Niedergang des alten Kurhauses, das danach mehrere Jahrzehnte brach lag, kam allerdings auch das Ende des Hockey-Booms. Die Natureisbahn geriet in Vergessenheit. Bis der ehemalige Lehrer Thomas Mainberger Anfang der 1990er Jahre die Idee hatte, sie auferstehen zu lassen. Kaum war sie wieder da, kamen auch die Leute wieder – nicht nur aus der Region, sondern sogar aus Übersee: Eine kanadische Eishockey-Mannschaft kündigte einen Besuch an.
Alter Rapid dient als Putzmaschine
Bis heute kostet Schlittschuhlaufen auf der Natureisbahn Glandenstein nichts. Dies sei nur möglich dank grosszügiger Unterstützung, sagen Thomas Mainberger und Hans Dörig.
An einem schönen Sonntag kamen Züge voller Tagesausflügler aus der ganzen Ostschweiz.
Denn etwas Pflege brauche die Eisbahn schon. Sie wird auch regelmässig geputzt. Und zwar mit einer «Eismaschine», die man so wohl kein zweites Mal finden wird. Als sie vor 30 Jahren wieder starteten, bekamen die Betreiber von einem Bauern einen alten Rapid geschenkt, mit einem Aufsatz zum Heu schleudern. Daran habe man dann kurzerhand kleine Besen montiert – und fertig war die Putzmaschine für das Natureis. Heute kommt eine grosse runde Bürste als Aufsatz zum Einsatz.
Für diese Saison hoffen Meienberger und Dörig auf stimmiges Wetter – damit die Natureisbahn möglichst lange hält.