Was sagt die Nagra zu ihrem Standortentscheid? Es ist eine geologische Erklärung. Die Nagra erläutert, warum sich der dort gefundene Opalinuston besonders für die Einlagerung des hoch radioaktiven Abfalls eigne. Nagra-Chef Matthias Braun sagte: «Es ist ein eindeutiger geologischer Entscheid. Unser Konzept ist sicher. Nördlich-Lägern ist der beste Standort mit den grössten Sicherheitsreserven.»
Die Nagra will den Entscheid strikt wissenschaftlich begründen, und nicht politisch. Es soll nicht der Verdacht aufkommen, man habe den Ort ausgewählt, an dem der Widerstand am geringsten gewesen sei. Eine weitere Information findet am Standort der Verpackungsanlage in Würenlingen/AG beim Zwischenlager statt. Dort werden dereinst die Brennstäbe für den Transport bereitgestellt, was sehr heikel ist. Die Orientierung im betroffenen Gebiet Nördlich Lägern ist am Nachmittag geplant.
Wie fix ist der Standort Nördlich Lägern nun? Er ist sehr fix. Ein Kippen des Entscheids durch den Standortkanton Zürich ist nicht mehr möglich. Das ist eine Folge davon, dass die Nagra in den 1980er- und 90er-Jahren eigentlich ein Lager am Wellenberg im Kanton Nidwalden bauen wollte. Aber die Bevölkerung dort wehrte sich mit mehreren Volksabstimmungen dagegen, sodass die Nagra zurück auf Feld 1 musste. Danach wurde die Gesetzgebung geändert, damit sich die betroffenen Standortkantone nicht mehr wehren können.
Nun wird die Nagra als Nächstes das Rahmenbewilligungsbesuch einreichen, der Bundesratsentscheid darüber wird für 2029 erwartet. Wahrscheinlich gibt es auch eine nationale Volksabstimmung, bei der der Entscheid noch gekippt werden könnte. Doch selbst wenn das Volk zustimmt: Bis die ersten Abfälle vergraben werden, dauert es noch mindestens bis 2050. Mit dem Bau ist nicht vor 2045 zu rechnen. Es sind sehr lange Prozesse, aber verglichen damit, dass die Brennstäbe noch die nächsten paar hunderttausend Jahre strahlen werden, ist das doch sehr relativ.
Gibt es internationale Reaktionen auf den Standortentscheid? Ja, vor allem aus Deutschland, weil das Lager sehr nahe an die deutsche Grenze kommen soll. Der Ton ist kritisch: Das deutsche Umweltministerium bezeichnet den Standort als grosse Belastung für die umliegenden Gemeinden. Aus den angrenzenden Landeskreisen in Deutschland gibt es auch schon Forderungen nach einer finanziellen Entschädigung.
Nagra-Chef Mathias Braun sagt dazu: «Der nahe Standort an der deutschen Grenze ist eine Folge der geologischen Gesteinsschichten. Die deutsche Seite ist in den Regionalkonferenzen auch involviert. Wir haben uns viel abgesprochen mit der deutschen Seite.» Doch Sorge macht Deutschland auch der Standort der geplanten Verpackungsanlage bei Würenlingen im bisherigen Zwischenlager, auch das liegt sehr nahe an der deutschen Grenze.
Haben andere Staaten schon ein Tiefenlager? Alle Länder, die Atomkraftwerke betreiben, haben dasselbe Problem, nämlich den radioaktiven Abfall. Die Lösung sieht im Moment so aus, dass man den Atommüll unter die Erde bringen will und dort für mehrere hunderttausend Jahre verschliesst. Am weitesten ist man in Finnland. Dort wird in den nächsten Jahren ein Tiefenlager – das erste weltweit – in Betrieb genommen. Frankreich und Schweden haben zumindest schon Standorte definiert, und in Deutschland soll der Standortentscheid frühestens 2031 fallen.