Eine Boeing 747 nähert sich dem Reaktorgebäude des Kernkraftwerks Mühleberg. Wider Erwarten fliegt das Flugzeug nicht daran vorbei, sondern trifft die Anlage. Was passiert in einem solchen Fall, und: Sind die Schweizer Kernkraftwerke wirklich sicher?
Noch vor zehn Jahren sagte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) zum Thema Flugzeugabsturz auf Kernkraftwerke, dass keine Gefahr bestehe. Aber: Die Flugzeuge seien unterdessen schwerer und die Navigationstechnik raffinierter geworden. Deshalb fordert jetzt Ensi-Sprecher Sebastian Huber: «Die Betreiber müssen aufzeigen welche Möglichkeiten eigentlich bestehen, um mit einem Flugzeug ihr Werk zu treffen.»
Diesen Schritt begrüsst Max Tobler. Er flog 30 Jahre für die Swissair. Alte Kraftwerke seien bei einer terroristischen Attacke aus der Luft sehr gefährdet, so Tobler. Mühleberg hat eine Deckenstärke von nur 15 bis 30 Zentimetern. Mühleberg sei somit zielgenau treffbar – auch bei einem Anflug mit hoher Geschwindigkeit.
Deutschland reagierte nach Studie
In den bisherigen Berechnungen gingen die Betreiber aber immer von einem langsamen Anflug aus. Tobler intervenierte deshalb vor einem Jahr bei Energieministerin Doris Leuthard und suchte das Gespräch mit dem Ensi-Rat. Aber nicht diese Intervention eines externen Fachmanns, sondern Kontakte mit ausländischen Experten hätten das Ensi dazu gebracht, die Absturzgefahr neu zu überdenken. Huber: «Fachleute von uns waren im vergangenen Jahr an einem Workshop mit anderen ausländischen Aufsichtsbehörden, wo dieses Thema besprochen wurde.»
Der Blick ins Ausland hätte das Ensi bereits vor neun Jahren stutzig machen sollen, sagt Flugexperte Tobler. Damals wurde eine vielbeachtete deutsche Studie zu diesem Thema publik. Das Resultat: Würde ein langsam fliegendes Flugzeug alte Werke wie Mühleberg oder Beznau treffen, käme es zur Kernschmelze. Gerade auch wegen dieser Studie nahm Deutschland die alten Anlagen nach Fukushima vom Netz.
(wuef;roso)