Es war mit 3 zu 2 Stimmen ein knapper Entscheid – und einer, bei dem die Mehrheit und die Minderheit völlig unterschiedlich argumentierten. Die Mehrheit sprach sich dafür aus, an der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung festzuhalten.
Das Bundesgericht hatte die Frage von Mehrkosten bei Diabetes mellitus schon zweimal beurteilt und war zum Schluss gekommen, dass eine besondere Ernährung keine Mehrkosten verursache. Aber noch nie hatten sie dabei einen Fall beurteilt, bei dem sich eine Person in Nothilfe befand.
Menschenwürdiges Dasein mit 8.50 Franken?
Die unterlegene Minderheit brachte hingegen grundsätzliche Argumente: Es gehe in diesem Fall auch um die Verantwortung der Schweiz, die Menschenrechte zu schützen. Die beiden unterlegenen Richter verwiesen auf Artikel 12 der Bundesverfassung.
Dieser besagt, dass Personen in Notlage einen Anspruch auf Hilfe haben, die ihnen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Das sei so zu interpretieren, dass auch ein abgewiesener Asylbewerber sich mindestens so ernähren könne, dass sich sein Gesundheitszustand nicht verschlechtere.
Fall zeigt Spannungsfeld der Rechtssprechung auf
Beim Eritreer hätten Ärzte dargelegt, dass sein Blutzuckerspiegel schwierig einzustellen sei und dass die 8.50 Franken pro Tag nicht ausreichten. Sie argumentierten aber auch mit dem gesunden Menschenverstand: Mit dem Geld könne man zwei Kaffees kaufen – damit könne man aber nicht drei abwechslungsreiche und ausgewogene Mahlzeiten plus zwei Zwischenmahlzeiten pro Tag finanzieren.
Die Seite mit diesen humanitären Argumenten unterlag jedoch. Der Fall zeigt aber sehr genau das Spannungsfeld auf zwischen dem Interesse, diese abgewiesenen Asylbewerber wegzuweisen und der Verantwortung des Staates, sie dennoch ausreichend zu versorgen. Für die rund 8000 Menschen, die gemäss den letzten verfügbaren Zahlen in der Schweiz 2017 Nothilfe bezogen hatten, ist damit bestätigt: Die bescheidene Nothilfe muss ausreichen. Weitere Geldansprüche haben einen schweren Stand.