Das Parlament will Sexismus rechtlich so behandeln wie Homophobie oder Rassismus. Frauen aus allen Parteien mit Ausnahme der SVP hatten diese Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm verlangt, um ein «klares Signal» gegen Gewalt und Hass an Frauen zu setzen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat zugestimmt. SRF-Inlandredaktor Matthias Strasser beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was hat der Ständerat entschieden?
Die Anti-Rassismus-Strafnorm soll ausgedehnt werden. Wer Hass oder diskriminierende Äusserungen verbreitet oder dazu aufruft, soll künftig neu auch mit Gefängnis oder Geldstrafe bestraft werden, wenn sich die Tat gegen Frauen (oder Männer) richtet. Heute sind nur die Gruppen Rasse, Ethnie, Religion sowie die sexuelle Orientierung strafrechtlich geschützt. Sexismus wird damit strafrechtlich gleichgestellt mit Rassenhass oder Homophobie.
Wie begründen Befürworterinnen, dass sie Sexismus unter Strafe stellen wollen?
Wer sich sexistisch äussere, komme zu oft straffrei davon. Es könne nicht sein, dass Sexismus im Vergleich mit Rassismus oder Homophobie als hinnehmbar angeschaut werde. Gerade Frauen seien besonders oft von Hassrede betroffen. Frauenfeindliche Sprache und Aufrufe zu Gewalt aufgrund des Geschlechts seien zudem die Vorstufe für Taten. Und offene Fragen zur genauen Umsetzung könnten im weiteren Verfahren geklärt werden.
Welche Folgen hat der Entscheid?
Er ist noch nicht definitiv. Die zuständige Kommission des Nationalrats wird nun eine Gesetzesänderung ausarbeiten. Diese wird auch die Details regeln, etwa die Frage, was das Gesetz mit «Geschlecht» genau meint. Über die Gesetzesänderung kann das Parlament dann noch einmal abstimmen.
Wieso kritisieren Strafrechtsexperten die Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm?
Sie sind der Ansicht, die Anpassung gehe zu weit. Die Strafnorm verbietet nämlich auch, dass Menschen eine öffentlich angebotene Leistung verweigert wird, weil sie einer der genannten Gruppen angehört. Damit würden zum Beispiel Angebote wie eine Frauen-Badi oder eine Frauen-Disco künftig unzulässig, kritisierten auch Strafrechtsexperten. Im Ständerat wurde zudem die Angst vor der überlasteten Justiz genannt, und die Sorge, dass künftig auch legitime Kritik nicht mehr geäussert werde.
Ist Sexismus heute gänzlich straffrei?
Nein. Ehrverletzende Äusserungen oder Beschimpfungen, die auf das Geschlecht zielen, können auch heute angezeigt und verfolgt werden. Die Hürde ist aber höher als bei rassistischen oder homophoben Äusserungen.