Es ist wahrlich keine gewöhnliche Umfrage, an der sich die Bevölkerung im aargauischen Seengen und darüber hinaus in den letzten Monaten beteiligen konnte. Die Leute in der Umgebung von Schloss Brestenberg am Hallwilersee hatten die seltene Gelegenheit, ihre Ideen zur Zukunft des schmucken Schlösschens mit Seeanstoss und riesigen unterirdischen Hallen abzugeben.
Nun wurden die Vorschläge der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei wurde klar, dass ein angestrebter wirtschaftlicher Betrieb auf dem Schloss zwar gewünscht wird, aber kaum möglich sein dürfte.
Aufgerufen zur Umfrage zur künftigen Nutzung des Schlosses hatte die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG). Diese besitzt einen Teil des Nachlasses des Winterthurer Immobilienunternehmers Bruno Stefanini, der das Schloss in den 1980er Jahren gekauft hatte.
Man suche mutige und innovative Pläne für das Schloss, sagte Bettina Stefanini, die Präsidentin der Stiftung an einem Informationsanlass am Mittwochabend. «Als Stiftung haben wir die Möglichkeit, Dinge zu tun, die andere nicht tun können», betonte Stefanini in ihrer Rede an die Bevölkerung.
Brestenberg: Vom Mahnmal des Scheiterns zum grossen Wurf
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Die Geschichte der Schlossanlage ist lang und komplex. Der zentrale Hauptbau stammt laut der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte aus dem Jahr 1625, was man im Gebäude auch noch erkennen könne. Die Schlossanlage diente über 100 Jahre als Kurhaus mit internationaler Ausstrahlung und später als Schlosshotel. In den 1980er Jahren wurde der Betrieb eingestellt, das Schloss befand sich damals schon in kläglichem Zustand, was bis heute grösstenteils so geblieben ist. Seit rund 40 Jahren wird es kaum mehr genutzt, viele Gebäudeteile sind in schlechtem Zustand, so schlecht, dass auch die aktuelle Infoveranstaltung nicht im, sondern vor dem Schloss in Zelten stattfinden musste.
Gewaltige unterirdische Hallen
Als der Winterthurer Immobilienkönig Bruno Stefanini Schloss Brestenberg kaufte, hatte er grosse Pläne damit. Er wollte hier ein riesiges unterirdisches Museum und Lager für seine diversen Kulturgüter realisieren. Es kam wegen des Bauprojektes zu diversen Konflikten mit Heimat- und Naturschutzorganisationen, zudem konnte kein Pächter für den Hotel- und Restaurationsbetrieb im Schloss gefunden werden. 1993 wurden die Bauarbeiten eingestellt. Seit knapp 30 Jahren befinden sich unter dem Schloss nun gewaltige unterirdische Hallen im Rohbau.
Zuletzt dienten diese Hallen als Lagerstätte für die teils kuriose Sammlung von Bruno Stefanini, die unter anderem aus alten Waffen und Sprengstoffen bestand.
Ein Mahnmal des Scheiterns
In diesem Zustand verkomme das Schloss Brestenberg zu einem Mahnmal des Scheiterns, schreibt die SKKG. Die Suche nach einer Nutzung überfordere die Stiftung, Projekte seien blockiert in Auseinandersetzungen zwischen verschiedensten Anspruchsgruppen.
Jetzt aber sei der Zeitpunkt gekommen für einen grossen Wurf, findet die Stiftung. Sowohl die Denkmalpflege als auch verschiedene andere Gruppen hätten Bereitschaft signalisiert, bei der Umnutzung zusammenzuarbeiten.
Es solle nichts Gewöhnliches sein, nichts Langweiliges, das auf Schloss Brestenberg entstehe. Es ist indes nicht der erste Anlauf für die Planung der künftigen Schlossnutzung – und die Umsetzung der Pläne dürfte auch dieses Mal nicht einfach werden.
Wir wollen hier etwas machen, das nicht langweilig oder gewöhnlich ist.
Die Stiftungspräsidentin verbreitete trotzdem Aufbruchstimmung und versprach einen grösseren Betrag, um das Schloss aufzumöbeln. Dafür stünde Geld zur Verfügung, das die Stiftung aus dem Verkauf zweier weiterer Stefanini-Schlösser am Bodensee lösen könne (siehe Bildergalerie).
Die Schlösser-Sammlung von Bruno Stefanini
Einer künftigen Nutzung von Schloss Brestenberg sind aber bei aller Aufbruchsstimmung enge Grenzen gesetzt. Zum einen liegt das Schloss am Hallwilersee in einer Sonderzone, welche die Nutzung einschränkt, das Gebäude steht zudem unter Denkmalschutz. Zum anderen ist zentral, dass die künftige Nutzung laut der Stiftung selbsttragend sein muss, was aus verschiedenen Gründen kaum möglich ist.
Suche nach der Quadratur des Kreises
Man könne für den künftigen Betrieb nicht noch extra Geld sprechen, sagte SKKG-Präsidentin Stefanini: «Wir können den Brestenberg nicht subventionieren.» Ganz egal, wie die künftige Nutzung aussieht, sie muss also wirtschaftlich funktionieren. Das verunmögliche einen öffentlichen Gastronomiebetrieb quasi, kritisierte ein anwesender Anwohner.
Auch bei der geplanten Nutzung der grossen Hallen im Untergrund des Schlosses gibt es Stolpersteine. Die Zonenordnung am See lasse kaum kommerziell-industrielle Nutzung zu, erläuterte der Seengener Gemeindeammann Jörg Bruder an der Infoveranstaltung. Möglich seien einzig Hotel- und Gastrobetrieb, andere Nutzungen seien verboten.
Nach der Informationsveranstaltung zur Zukunft von Schloss Brestenberg blieb somit vor allem ein Fazit: Eine neue Nutzung ist knifflig, teuer und mit vielen Hürden verbunden. Bei aller Unterstützung durch Stiftung, Denkmalpflege, Naturschutz und Bevölkerung dürfte es noch ziemlich lange gehen, bis das schmucke Schloss am Hallwilersee aus seinem Dornröschenschlaf erwacht.
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