Zwei Prozent der Steuerpflichtigen besitzen die Hälfte der privaten Vermögen in der Schweiz. Mit der Erbschaftssteuer-Initiative streben die Initianten eine «gerechtere» Verteilung dieses «Volksvermögens» an.
Zwei Drittel einer nationalen Erbschaftssteuer von 20 Prozent sollen in die AHV und so an die Gesellschaft fliessen. Von der Steuer befreit wären Erbschaften unter zwei Millionen Franken. Für vererbte Familienunternehmen soll das Parlament Freibeträge definieren.
Die Argumente auf einen Blick
- Jaqueline Badran: Die weltweit fast einmalige Vermögenskonzentration ist nicht nur ungerecht, sondern mangels angemessener Teilhabe des breiten Mittelstandes am «Volksvermögen» auch volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. In den letzten Jahren wurde die Vermögenskonzentration steuerlich begünstigt und die Vermögensbildung über Arbeit belastet.
- Heiner Studer: Die nationale Erbschaftssteuer ist ein nachhaltiges Instrument zur Schliessung der Finanzierungslücke der AHV. Alternativen wie höhere Mehrwertsteuern oder tiefere Renten dagegen gingen zulasten der unteren Einkommen.
- Eveline Widmer-Schlumpf: Wohlhabende Erblasser haben über die Vermögenssteuer bereits sehr viel an den Staat bezahlt. Nicht zuletzt die Vermögenden haben Entscheidendes zur heutigen Altersvorsorge beigetragen. Dank dieser ist heute im Alter niemand mehr zwingend auf Vermögen angewiesen.
- Ruedi Noser : Wenige tausend Menschen bezahlen heute 1,7 Milliarden Franken Bundessteuern. Verlässt nur einer dieser Wohlhabenden wegen der Erbschaftssteuer das Land, entfallen jedes Jahr empfindliche Summen an Einkommens- und Vermögenssteuern.
Der Basler Soziologieprofessor Ueli Mäder unterstützt eine nationale Erbschaftssteuer mit dem Argument, der interkantonale Steuerwettbewerb sei in den letzten Jahren strapaziert worden und drohe das soziale Gefüge der Schweiz in den nächsten Jahren ein Stück weit auseinanderzutreiben.
Der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin verweist auf die 900 Millionen Franken, die die Kantone mit ihren Erbschaftsbesteuerungen bereits heute einnähmen. Diese Einnahmen basierten auf demokratisch als gerecht legitimierten Gesetzgebungen. Den Kantonen die Kompetenz darüber zu entziehen bedeutete Schwächung des Föderalismus.
Mehr Gerechtigkeit oder Willkür im Steuerwesen?
Ist eine nationale Erbschaftssteuer dazu geeignet, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen? Auf diese Frage wird auch die Debatte in der «Arena» immer wieder zurückgeworfen. Mit ganz gegenteiligen Schlussfolgerungen.
Statt über hohe Lohnnebenkosten und Mehrwertsteuern Steuergeschenke an die Reichsten zu finanzieren, könne der breite Mittelstand mit der Erbschaftssteuer und dem Freibetrag von zwei Millionen Franken endlich entlastet werden, heisst es auf der einen Seite.
Gerade dieser Freibetrag wäre willkürlich, meinen die Gegner. Und auch dass direkte Nachkommen gleich behandelt würden wie entfernte Verwandte, sei alles andere als gerecht. Genauso wenig, dass beispielsweise Kinder gleich viel Erbschaftssteuern entrichten müssten wie entfernte Verwandte.
Freie Hand fürs Parlament bei Freibeträgen für KMUs
Auch über die Zweckmässigkeit einer nationalen Erbschaftssteuer zur Schliessung der Finanzierungslücke bei der AHV gehen die Meinungen der «Arena»-Debattanten diametral auseinander. Ebenso was die Gefährdung von Familienunternehmen betrifft.
Die Initiative schreibt vor, dass das Parlament mit der Festsetzung eines Freibetrags dafür sorgt, dass Unternehmen durch die Erbschaftssteuer nicht in ihrer Existenz gefährdet werden.
Heiner Studer versprach im Namen der Initianten, hinsichtlich des zu diesem Zweck vom Parlament zu definierenden Freibetrags kein Referendum zu ergreifen.