Franziska Herren aus Wiedlisbach (BE) steht auf dem Bundesplatz in Bern, wo gerade «Märit» ist. Eine schöne Art des Einkaufens sagt sie: «Ich liebe es, auf dem Markt einzukaufen. Doch die Vielfalt, die es hier gibt, sollte sich auch bei den Grossverteilern widerspiegeln, regional und saisonal.»
Franziska Herren hat klare Vorstellungen davon, wie die Ernährung in der Schweiz aussehen soll. Und sie hat Grosses vor: Sie will nichts Geringeres, als die Schweizer Landwirtschaft umkrempeln. Ihre Ernährungsinitiative verlangt, dass der Selbstversorgungsgrad von heute 50 auf 70 Prozent steigt.
Forderung nach weniger Fleisch
Erreicht werden soll das, indem die Lebensmittelproduktion mehr auf pflanzliche statt auf tierische Nahrungsmittel ausgerichtet wird. Die Bevölkerung soll also weniger Fleisch essen. Eine Forderung mit Konfliktpotential – schliesslich ist Ernährung etwas sehr Persönliches.
Sticht sie nicht in ein Wespennest, wenn sie der Bevölkerung quasi den Menüplan diktieren will? Während der Unterschriftensammlung sei sie nie angegriffen worden, sagt Franziska Herren: «Wir haben gemerkt, dass die Menschen einen Wechsel wünschen und ihn auch schon vollziehen.» Doch die Politik hinke hinterher.
Persönliche Angriffe
Der Abstimmungskampf bei der Trinkwasserinitiative war ausserordentlich hart. Herren wurde massiv persönlich angegriffen und bedroht. Heute habe sie aber keine Angst mehr vor Angriffen – sie habe diese Angst überwunden und nimmt also einen neuen Anlauf. Mit einer Initiative, die etwas weniger radikal anmutet.
Franziska Herren betont, dass sie die Bäuerinnen und Bauern diesmal mehr miteinbezogen habe. «Sie werden profitieren durch diese Initiative, wir erhöhen ja den Selbstversorgungsgrad.»
Ruf als Bauernschreck
Franziska Herren hat sich in den letzten Jahren den Ruf eines «Bauernschrecks» eingehandelt. Sie sagt: «Wir schrecken sicher auf. Wir zeigen auf, was nicht stimmt. Viele fühlen sich dann betroffen.» Doch als Bauernschreck sehe sie sich nicht; eher als Landwirtschafts- und Ernährungspolitikschreck.
Zuspruch erhält sie von Bio-Bäuerinnen und -Bauern, zumindest teilweise. Denn auch aus der Bio-Landwirtschaft gibt es kritische Stimmen. Einige denken, dass eine solche Paukenschlagpolitik mehr schade als nütze. Oder, dass es klüger gewesen wäre, zuerst möglichst viele Akteure für ein solches Volksbegehren ins Boot zu holen.
Die Einzelkämpferin
Doch genau das ist nicht der Stil von Franziska Herren. Ihr Wille und ihre Überzeugung sind zu stark für Kompromisse. Sie kämpft lieber im Alleingang, als einfache Bürgerin, gegen die Mächtigen. Ohne Unterstützung von politischen Parteien hat sie auch diesmal die Unterschriften weit vor der Eingabefrist zusammengebracht. Dass eine Einzelperson ein Anliegen aus der Bevölkerung zur Abstimmung bringt, ist zwar durchaus Sinn und Zweck von Volksinitiativen – es kommt aber selten vor.
Fordernd und entschlossen steht Franziska Herren zwischen den Marktständen auf dem Bundesplatz in Bern. Einmal mehr. Die Politik und die Landwirtschaft werden Antworten liefern müssen.