«Die Landwirtschaftspolitik darf keine internationalen Freihandelsabkommen gefährden», schreibt der Gewerbeverband sgv. Er werde «allfälligen Fehlinterpretationen entschieden entgegentreten». Der Verfassungsartikel biete auch keine Grundlage für neue Subventionsansprüche oder zusätzliche Regulierungen.
Auf der linken Seite hatte die «Allianz für Ernährungssouveränität» den vom Bauernverband mittels einer 2014 eingereichten Initiative angestossenen Verfassungsartikel bekämpft. Der nun vom Volk angenommene Text ist der vom Parlament beschlossene Gegenvorschlag.
Wir werden jetzt genau aufpassen, ob der Bundesrat seine Versprechen auch einhält.
Eine nachhaltige Landwirtschaft und mehr Markt seien nicht miteinander vereinbar, meint die vor allem bei linken Bauerngewerkschaften verankerte «Allianz für Ernährungssouveränität». Die Allianz spreche sich nicht gegen Handel aus. Aber dieser müsse durch mehr Kooperation entwickelt werden, nicht durch mehr Wettbewerb.
«Wir haben heute nicht verloren», sagte Pierre-André Tombez, Präsident der Allianz. Der für die Landwirtschaft zuständige Bundesrat Johann Schneider-Ammann habe den Bauern während der Abstimmungskampagne viele Versprechen gemacht: «Wir werden jetzt genau aufpassen, ob der Bundesrat diese auch einhält.»
Das Ja sei der erste Schritt in die richtige Richtung hin zu einer nachhaltigen, regional abgestützten Landwirtschaft. Darin spiele ein «echter Markt», und sie ruhe auf drei Säulen: der Umwelt, den Produzenten und den Konsumenten.
Erst recht nach diesem deutlichen Ja der Stimmbevölkerung muss die nächste Reformetappe der Agrarpolitik deutliche Verbesserungen im Bereich Ökologie bringen.
«Ende 2018 oder Anfang 2019 wird das Stimmvolk dann dank unserer ‹Initiative für Ernährungssouveränität› die Möglichkeit haben, die nächsten Schritte zu tun», sagte Tombez. Diese Schritte seien eben etwas umstrittener. Die Initiative will unter anderem eine gentechfreie Landwirtschaft in die Verfassung schreiben. Ausserdem verlangt sie Massnahmen, um die Macht der Grossverteiler und Grossproduzenten bei der Preisgestaltung zurückzubinden.
«Das Volk will eine starke und regional verankerte Landwirtschaft und es will die Kontrolle darüber behalten, was auf seinen Teller bekommt». Mit diesen Worten interpretierte der Direktor des Schweizer Bauernverbandes, Jacques Bourgeois, das Resultat. Mit dem Verfassungsartikel im Rücken könne die Landwirtschaft besser auf Herausforderungen wie das Bevölkerungswachstum oder den Klimawandel reagieren.
Die Umweltverbände interpretieren das zu überdeutliche Ja der Bevölkerung zu einer sicheren Ernährung als einen «klaren Auftrag der Schweizerinnen und Schweizer, die Landwirtschaft nachhaltiger und ökologischer zu gestalten.» Nun müssten der Einsatz von Pestiziden verringert, die Biodiversität gefördert und der Schutz des Kulturlandes gewährleistet werden, fordern BirdLife Schweiz, Greenpeace, Pro Natura und WWF Schweiz in einer Mitteilung.