Es ist eine Wahl für Kontinuität und Berechenbarkeit: Zwei Frauen werden gewählt, die von ihren Parteien aufgestellt und dem Parlament bestens bekannt sind. Keine Sprengkandidaten wurden lanciert. Es brauchte je nur einen Wahlgang, um die neue Bundesrätin zu wählen.
Wie langweilig, könnte man denken. Und doch ist etwas Einzigartiges geschehen. Zwei Bundesrätinnen auf einen Schlag: Das hat es noch nie gegeben in der Eidgenossenschaft.
Bewundernswerter Durchhaltewille
Möglich ist dies geworden, weil sich bei der FDP die Kronfavoritin Karin Keller-Sutter in jahrelanger Arbeit aufbaute und auch dann nicht aufgab, als ihre Partei sie vor acht Jahren aufstellte und dann im Regen stehen liess. Dieses Mal hat ihre Partei sie gestützt. Die FDP verzichtete aber darauf, Karin Keller-Sutter als einzige Kandidatin zu nominieren, so wie es die CVP damals bei der Wahl von Bundesrätin Doris Leuthard tat.
Überhaupt: Möglich wurde dieser historische Tag vor allem dank der CVP. Sie setzte überraschenderweise ein Frauenduo aufs Ticket. Gewiss spielte bei dieser Konstellation auch der Zufall mit. Sie beweist aber, dass die Parteien bereit sind, den Forderungen nachzukommen, wonach die weibliche Hälfte der Gesellschaft eine angemessene Vertretung verdient in der Politik. Die heutige Bundesratswahl zeigt auch, dass die Parteien qualifizierte Frauen in ihren Reihen haben, um diese Forderung zu erfüllen.
Frauen sind nach wie vor politisch untervertreten
Vor siebenundvierzig Jahren erhielten Frauen in der Schweiz das Stimmrecht. Sie bleiben aber bis heute untervertreten: Rund ein Drittel der Nationalräte sind Frauen, ihr Anteil stieg in den letzten paar Wahlen jeweils um ein paar wenige Prozentpunkte an.
Sehr schwierig präsentiert sich die Lage im Ständerat. Dort sind Frauen noch seltener. Ihre Zahl sank in den letzten drei Wahlgängen auf einen Anteil von heute 15 Prozent. Im nächsten Jahr nehmen sechs von sieben Ständerätinnen Abschied. Im Extremfall würde nur noch eine Frau im Stöckli residieren.
Die historische Wahl von zwei Bundesrätinnen an einem Tag ist gewiss ein Meilenstein. Es wird aber noch lange dauern, bis Frauen in der Politik gleich vertreten sind wie Männer.