Die Farbe der Mütze. Sie macht den Unterschied. Seit kurzem trägt Rebecca Benz nicht mehr die Schwarze, sondern die Weisse. Diese markiert den höchsten Grad, den die Schiffsleute der SGV, der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee, erreichen können: Kapitän. Beziehungsweise in ihrem Fall Kapitänin. Wobei dies ein Novum ist.
Es mag anachronistisch erscheinen, aber Rebecca Benz ist tatsächlich eine Pionierin: Sie ist die erste Kapitänin auf einem Schiff der SGV. Traditionell ist die Schifffahrt eine Männerdomäne. Und den Weg zur Gleichstellung bahnt sich die SGV etwa so wie ihre Dampfer den Weg durchs Wasser: Langsam und träge.
Es gab schon Kapitäne, die sagten: Nein, ich möchte lieber keine Frau in der Mannschaft.
Bereits vor 20 Jahren war Rebecca Benz eine Pionierin – dannzumal noch als erste Matrosin auf einem Dampfschiff. «Als ich anfing, durften Frauen nur auf den Motorschiffen im Einsatz sein», erinnert Benz. Und nicht alle seien erfreut gewesen, als sich dies zu verändern begann. «Als es hiess, es komme nun die erste Frau aufs Dampfschiff, gab es schon Kapitäne, die sagten: Nein, ich möchte lieber keine Frau in der Mannschaft.»
Rebecca Benz hat mit ihrem Werdegang also den Frauen den Zugang zu den SGV-Dampfschiffen geöffnet. Gesucht hatte sie diese Rolle aber nicht. Nicht einmal ihren Beruf hatte sie sich ganz bewusst ausgesucht. «Es war ein riesiger Zufall.» Ursprünglich war die Baselbieterin nämlich Goldschmiedin und wollte eigentlich mit 25 Jahren auf einen sozialen Beruf umsatteln. «Ich fand aber damals, ich sei noch etwas jung dafür.» Als eine Kollegin ihr dann gesagt habe, es brauche in Luzern Matrosen, habe sie «extrem spontan» für ein Jahr zugesagt. «Und aus diesem Jahr sind dann zwanzig Jahre geworden.»
Dienstgrad «Frau Kapitän»
Und nun also ist sie die erste Kapitänin. Oder wie der Dienstgrad - noch ein Tribut an die Männerdomäne? - offiziell heisst: Frau Kapitän. Und seit dieser Woche hat sie auch «ihr» Schiff. Sie fährt das Dampfschiff Schiller. «Es macht mich stolz, dass ich mit diesem wunderbaren Schiff Richtung Flüelen fahren darf», sagt sie, während sie erstmals als Schiller-Kapitänin in Luzern ablegt. Sie steht auf der Kommandobrücke, bedient die Hebel, kontrolliert die Monitore, gibt Anweisungen in den Maschinenraum.
Rebecca Benz wirkt dabei durchaus routiniert. Kein Wunder, schliesslich hat sie auch schon jahrelange Erfahrung als Schiffsführerin. Geändert hat sich für sie eigentlich nur der Dienstgrad. Trotzdem habe sie die erste Fahrt als Dampfschiffkapitänin gespannt erwartet. «Doch jetzt, nach dem ersten schönen Manöver, hat sich die Nervosität bereits leicht gelegt.»
Kleine Mädchen sollen sehen, dass auch Frauen Kapitän werden können.
Unterstützung erhält sie auch von ihrer Crew. «Ich finde es super, dass jetzt hier auch eine Frau am Werk ist», sagt eine ihrer Mitarbeiterinnen. Denn klar ist: In Sachen Frauenförderung gibt es bei der SGV noch viel Luft nach oben. Gerade mal 10 Prozent der Schiffsleute sind weiblich. Ein anderes Crew-Mitglied ergänzt, die Kapitänin habe auch eine Vorbildfunktion für die Schiffsgäste - besonders für eine Gruppe: «Kleine Mädchen sollen sehen, dass auch Frauen Kapitän werden können, dass sie gleichgestellt sind. Und auch einen untypischen Weg einschlagen können.» Sodass es dereinst eben nicht mehr untypisch sein wird, wenn eine Frau mit der weissen Mütze auf der Kommandobrücke steht.