Das Wichtigste in Kürze
- Ein Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe deckt Defizite auf italienischer Seite mit Flüchtlingen auf, die aus der Schweiz nach Italien gebracht wurden.
- Auch die UNO sei in der Pflicht, Missstände in Italien aufzudecken, heisst es.
- Flüchtlingshilfe: «Die Schweiz sollte nicht nur einfach Leute zurückschicken»
Schon zum dritten Mal ist die Schweizerische Flüchtlingshilfe (FSH) nunmehr nach Italien gegangen, um anhand konkreter Fälle zu untersuchen, wie Leute, die rücküberstellt wurden, untergebracht sind. Michael Flückiger von der FSH erklärt den Hintergrund: «Man wollte sich selber ein Bild machen und hat festgestellt, dass Italien die Bedingungen, die es einmal selber garantiert hat, nicht einhalten kann.»
Und der jüngste Bericht der Flüchtlingshilfe hält verschiedene Missstände anhand konkreter Beispiele fest.
Zwei gravierende Fälle
Da ist etwa das Beispiel einer schwangeren Frau, die nach Italien überführt wurde, obwohl ihr Mann in der Schweiz Flüchtlingsstatus genoss. Am Flughafen von Mailand teilten ihr die Behörden mit, dass sie sich selber eine Unterkunft suchen müsse. In der Folge musste die Frau eine Woche lang unter freiem Himmel schlafen.
Ein zweiter Fall betrifft eine vierköpfige Familie. Die beiden Kinder waren in der Schweiz zwei Jahre lang zur Schule gegangen. Dann wurden sie nach Sizilien gebracht und ihre Lage verschlechterte sich stark, wie Flückiger schildert: «Die ganze Wohnung war in einem schlechten Zustand. Die Kinder hatten lange Zeit keine Möglichkeit, in die Schule zu gehen, keine Möglichkeit, Sprachunterricht zu nehmen. Die wurden einfach nach vier Monaten in die Schule gesteckt, und müssen sich jetzt selber behelfen.»
Italien hält Versprechen nicht ein
Italien hatte versprochen, Flüchtlingsfamilien geeignete Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Kinder speziell zu betreuen. Doch die dokumentierten Fälle zeigten, dass Italien seinen Versprechen nicht nachkomme, so Flückiger.
In der Kritik steht damit auch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR. Dieses sollte überprüfen, ob Italien seine Garantien einhält. Doch die UNO wollte zum Bericht nicht Stellung nehmen.
Auch Schweiz in der Verantwortung
Aber gemäss der Flüchtlingshilfe steht auch die Schweiz in der Verantwortung: «Die Schweiz sollte nicht nur einfach die Leute zurückschicken, im Sinne von ‹Aus den Augen aus dem Sinn›. Sondern sie sollte wirklich auch schauen, wohin diese Leute gelangen. Dass einfach ein Mindeststandard erfüllt ist. Da kann die Schweiz schon einmal mehr leisten.»
Vom Bund gab es jedoch noch keine Stellungnahme: Auf Anfrage teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit, es wolle den Bericht erst gründlich studieren.