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Evakuation aus Krisengebiet Sudan: 12 Personen evakuiert – Erste Schweizer morgen zu Hause

  • Zwölf Schweizerinnen und Schweizer sind bisher aus dem Sudan evakuiert worden.
  • Zehn Personen konnten das Land mithilfe Frankreichs verlassen, zwei dank des IKRK.
  • Am Dienstag sollen die ersten Evakuierten wieder in der Schweiz ankommen.

Es handelt sich um diplomatisches Personal und Angehörige dieser Personen, sagte Serge Bavaud, Chef des Krisenmanagement-Zentrums des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Montag in Bern vor den Medien. Die Schweiz organisiere keine eigenen Evakuierungsflüge, arbeite aber mit Drittstaaten zusammen.

Die zehn Personen, die das Land mithilfe Frankreichs hätten verlassen können, befänden sich in Sudans Nachbarland Dschibuti, sagte Bavaud. Sie würden am Dienstag in der Schweiz erwartet. Die mit der Hilfe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) Evakuierten hielten sich zurzeit in Äthiopien auf.

Ein Flugzeug der französischen Luftwaffe kommt in Dschibuti an.
Legende: Ein Flugzeug der französischen Luftwaffe kommt in Dschibuti an. An Bord Evakuierte verschiedener Nationalitäten aus dem Sudan. French President Emmanuel Macron via Twitter/Handout via REUTERS

Mit einem Flug der deutschen Bundesluftwaffe werden am Montagabend voraussichtlich auch Schweizerinnen und Schweizer aus dem Sudan ausreisen können. In der Frage, ob die Durchführung des Fluges gewiss sei, wollte sich Bavaud nicht festlegen. Unklar blieb auch, wie viele Plätze für Schweizer Staatsangehörige zur Verfügung stehen werden. Zum Zielort des deutschen Evakuierungsflugs machte Bavaud keine Angaben. Er berief sich dabei auf Sicherheitsgründe.

Rund 100 Auslandsschweizer gemeldet

Gemäss Serge Bavaud sind rund hundert Schweizerinnen und Schweizer bei den Schweizer Behörden als im Sudan lebend registriert. «Es ist nicht auszuschliessen, dass sich ein Teil der Schweizer Bürger selbstständig evakuiert. Wenn sie sich nicht bei uns melden, können wir auch keine Ausreise organisieren.» Bisher haben laut EDA rund dreissig Schweizer Staatsangehörige Interessen an einer organisierten Ausreise aus dem Sudan bekundet.

Deutschland hat über 300 Menschen ausgeflogen

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Die Bundeswehr hat mit dem Evakuierungseinsatz im Sudan bisher 311 Menschen aus dem von Kämpfen erschütterten Land ausgeflogen. Das teilt das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Montag auf Twitter mit. Unter den Evakuierten sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur mehr als die Hälfte Deutsche. Die Evakuierungsflüge sollen fortgesetzt werden, solange es die Sicherheitslage zulässt.

Die Bundeswehr hat dazu auf einem Flugplatz bei Khartum einen militärisch gesicherten Operationspunkt eingerichtet, um deutsche Staatsangehörige und Bürger anderer Staaten auszufliegen. Insgesamt sind etwa 1000 Soldaten an dem Einsatz beteiligt. Die Evakuierten werden zunächst nach Jordanien gebracht, von dort wird eine Weiterreise organisiert. Am frühen Montagmorgen waren die ersten 101 Evakuierten aus dem Sudan in Berlin gelandet.

Das EDA äusserte sich zur Situation anderer im Sudan lebender Schweizer Staatsangehöriger. Das Aussendepartement hat eine Telefon-Hotline eingerichtet, über die Betroffene auch nach der Schliessung der Botschaft in Khartum Hilfe erhalten. Die Schweiz führe selbst keine organisierte Ausreise für ihre Bürgerinnen und Bürger durch, arbeite aber in diesem Bereich eng mit Drittstaaten zusammen, hiess es.

Lokale Angestellte bleiben vor Ort

Die Schweizer Botschaft in Khartum ist aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die lokalen Angestellten der Botschaft blieben vor Ort, sagte Bavaud auf eine Journalistenfrage. Von verletzten Botschaftsangehörigen habe das EDA bisher keine Kenntnis. An Gebäuden habe es Schäden gegeben.

Keine Schweizerinnen und Schweizer befanden sich laut Bavaud auf einem Evakuierungsflug des italienischen Militärs am Sonntag. Man sei aber in der Sache mit Italien in Kontakt und arbeite gut zusammen, betonte Bavaud. Der Schweizer Diplomat widersprach damit Aussagen des italienischen Aussenministers Antonio Tajani vom Vortag. Dieser hatte am Samstagnachmittag angekündigt, die italienische Luftwaffe werde auch Schweizer aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum ausfliegen.

Katastrophale Lage der Zivilbevölkerung

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Im Sudan waren am 15. April Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. Die Gefechte dauerten auch am Wochenende an.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verloren seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen ihr Leben, mehr als 3500 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl ist vermutlich weitaus höher.

Die humanitäre Lage in Sudan ist vielerorts katastrophal. In Khartum sitzen viele Menschen ohne Wasser, Lebensmittel oder Strom in ihren Wohnungen fest. Nur 35 Spitäler und Kliniken seien in dem Land mit 46 Millionen Einwohnern noch funktionstüchtig, berichtete das sudanesische Ärztekomitee.

Schweizer Botschaft in umkämpftem Quartier

Noch vor wenigen Tagen hatte das EDA die Sicherheitslage in Sudan als zu unübersichtlich für eine Evakuation des Botschaftspersonals oder eine organisierte Ausreise Schweizer Staatsangehöriger beurteilt. Das Gebäude der Schweizer Vertretung in Khartum befindet sich in einem umkämpften Teil der Stadt. Bei Gefechten in der vergangenen Woche war unter anderem die Residenz des Schweizer Botschafters getroffen worden.

SRF 4 News, 23.04.2023, 16:00 Uhr ; 

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