- Die offizielle Schweiz hat die Kritik einer unabhängigen UNO-Expertengruppe zum Thema Rassismus zurückgewiesen.
- Ein entsprechender Bericht enthalte Missverständnisse.
- Die Expertengruppe hatte unter anderem Gesetzeslücken geortet und deren Schliessung gefordert.
Das Anliegen als solches stellte die Schweizer Vertretung bei den Vereinten Nationen nicht infrage. Rassistische Diskriminierung von Menschen mit afrikanischen Wurzeln sei ein Problem, das dringend angegangen werden müsse, sagte der Schweizer UNO-Botschafter Jürg Lauber am Montag in Genf vor dem UNO-Menschenrechtsrat. Die strukturelle Dimension von Rassismus müsse weiter erforscht werden.
Lauber kündigte an, die Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes werde dazu in den kommenden Wochen eine Studie publizieren.
UNO-Expertengruppe «sehr beunruhigt»
Die UNO-Expertengruppe für Menschen afrikanischer Abstammung (WGEPAD) hatte die Schweiz im Januar auf Einladung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) besucht.
Die Präsidentin der Gruppe, Catherine Namakula, legte dem Menschenrechtsrat nun deren Bericht vor. Dabei bekräftigte sie, die Mitglieder der Gruppe seien sehr besorgt.
Bereits Ende Januar hatten Vertreter der Arbeitsgruppe an einer Medienkonferenz in Bern kritisiert, rassistisches Verhalten gegenüber Menschen mit afrikanischen Wurzeln sei in der Schweiz verbreitet – gerade auch bei Polizei und Justiz.
Sie stützten sich in ihren Schlussfolgerungen auf Gespräche mit Betroffenen und Behörden in Zürich, Bern, Lausanne und Genf. Trotz des erkennbar guten Willens des Bundes komme es bei Polizeieinsätzen und vor Gericht immer wieder zu Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe, konstatierten die Fachleute.
Auch Gesetzeslücken gelte es zu schliessen, forderten sie. Das Fehlen einer zivilgesetzlichen Grundlage erschwere den Kampf gegen Rassismus und biete Opfern in grundlegenden Lebensbereichen, wie Wohnen und Arbeiten, keinen Schutz.
Als Problemfeld bezeichnete die Gruppe auch, dass zentral erfasste Daten zum sogenannten Racial Profiling fehlten. Dabei geht es um Fälle, in denen Menschen von der Polizei aufgrund ihrer Hautfarbe einer Straftat verdächtigt und kontrolliert werden.
Aufsehenerregende Fälle berücksichtigt
Jürg Lauber kritisierte am Montag, die Gruppe scheine sich bei vielen allgemeinen Schlussfolgerungen lediglich auf Einzelfälle zu stützen. Diese seien nicht repräsentativ für die Gesamtsituation.
Die Schweiz warf der Expertengruppe auch vor, der Bericht enthalte Missverständnisse und Annahmen, die keine Grundlage hätten. Sie bedauerte, dass der Dialog mit den Fachleuten nicht länger gedauert habe.
Die UNO-Experten hatten unter anderem den durch eine Fernsehdokumentation landesweit bekannt gewordenen jungen Straftäter Brian im Zürcher Gefängnis Pöschwies getroffen. Die Delegation sprach auch mit den Angehörigen eines Mannes, der Ende August am Bahnhof von Morges VD von der Polizei angeschossen und tödlich verletzt worden war.
Der Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen. Gefordert wird unter anderem die Einrichtung von Ombudsstellen – und dass Polizistinnen und Polizisten Körperkameras tragen und deren Bilder öffentlich zugänglich gemacht werden sollten. Die Behörden müssten anerkennen, dass es in der Schweiz einen systemischen Rassismus gebe.