Gerichtsverhandlungen gegen Jugendliche sind grundsätzlich nicht öffentlich. Damit soll dem erhöhten Schutzbedürfnis der Jugendlichen Rechnung getragen werden. Das Gericht macht heute aber eine Ausnahme.
Gerichtspräsident Stephan Aeschbacher erklärt warum: «Der Fall hat in der Öffentlichkeit grosses Aufsehen erregt und stark bewegt. Deshalb ist ein gänzlicher Ausschluss der Medien nicht gerechtfertigt.»
Es geht nämlich auch um die Frage, welche Möglichkeiten das Strafrecht im Bereich Cybermobbing bietet. Um die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten zu wahren, ist die Verhandlung allerdings nur zum Teil öffentlich.
Die Vorgeschichte
Im Fall von Céline Pfister geht es um Liebe und Eifersucht. Es geht um einen Jungen, in den Céline verliebt war und um die Ex-Freundin des Jungen. Diese griff Céline in Chat-Nachrichten immer wieder massiv an. Diese Nachrichten wurden von der Polizei auf den Handys der Jugendlichen sichergestellt:
«würd dich eigenhändig umbringe also pass uf was du machsh»
«oh lord dini fressi han ich eh sholang welle polliere»
«jez ish dis lebe verbi ich mach der dis lebe so chabbut»
Céline hatten viele vor dem Jungen gewarnt, sagt ihre Mutter Nadya Pfister. Aber für Céline habe es nur ihn gegeben. Nach einer längeren On-Off-Beziehung verlangte er im Sommer 2017 erotische Bilder von Céline und drohte ihr damit, frühere Bilder an seine Ex-Freundin zu schicken.
Céline willigte ein, schickte ihm ein intimes Bild. Der Junge schickte es weiter an seine Ex-Freundin. Diese veröffentlichte das Bild auf der Plattform «Snapchat», wo es offenbar hunderte Nutzer sehen konnten.
Céline und die Ex-Freundin des Jungen begegneten sich kurz darauf an der Chilbi der Badenfahrt, wieder lachte die Ex-Freundin Céline aus, diesmal im realen Leben.
Zwei Tage später nahm sich Céline das Leben.
Verurteilt zu Arbeitseinsätzen
Die beiden Jugendlichen wurden vor gut einem Jahr mit einem Strafbefehl verurteilt: Das Mädchen wegen versuchter Drohung und Beschimpfung, der Junge wegen Nötigung, weil er Céline dazu gebracht hatte, ihm freizügige Bilder zu schicken.
Beide mussten kurze Arbeitseinsätze leisten. Einen Kausalzusammenhang zum Suizid von Céline stellte die Jugendanwaltschaft nicht fest.
Célines Eltern haben den Strafbefehl des Jungen nicht akzeptiert und legten Einsprache ein. Deshalb steht der Junge heute vor Gericht. Die Eltern erhoffen sich eine härtere Strafe. Den Strafbefehl gegen das Mädchen haben Célines Eltern nicht weitergezogen.
«10vor10», 25.02.2020, 21:50 Uhr