Anfangs August 2017 hatten Tierschützerinnen und Tierschützer genug. Sie harrten vier Tage vor dem Hof des mutmasslichen Tierquälers aus und setzten damit den Kanton Thurgau unter Druck. Damit dieser handelt. Mit einem Grossaufgebot schritt die Polizei letztlich ein, riegelte den Hof ab und führte den Pferdezüchter von Hefenhofen ab.
Abgemagert und vernachlässigt
Der Bauer hatte zu diesem Zeitpunkt 93 Pferde und rund 200 Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner und Lamas auf seinem Hof. Die Tiere wurden abtransportiert. Um die abgemagerten Pferde kümmerte sich die Armee. Die Pferde wurden später versteigert.
Jetzt, fünfeinhalb Jahre später, kommt der Fall vor Gericht. Dem Beschuldigten werden laut Anklageschrift unter anderem mehrfache Tierquälerei, mehrfache Widerhandlung gegen das Tierschutz- und das Tierseuchengesetz und mehrfache Gefährdung des Lebens vorgeworfen. Die strafrelevanten Tathandlungen reichen laut Anklageschrift teilweise bis ins Jahr 2013 zurück.
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Bild 1 von 7. Tierrechtsaktivistinnen und -aktivisten des Vereins gegen Tierfabriken VgT protestieren vor dem Eingang des Bezirksgerichts Arbon. Dort ist der Auftakt zum mehrtägigen Prozess im Fall Hefenhofen. Bildquelle: SRF/Selina Etter.
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Bild 2 von 7. Im August 2017 harrten die Tierschützer vier Tage am Strassenrand vor dem Hof aus. Bildquelle: Keystone/Christian Merz.
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Bild 3 von 7. Tierschützer haben mehrfach die Art und Weise angeprangert, wie der Angeklagte Tiere gehalten und behandelt hat. Bildquelle: Keystone/Christian Merz.
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Bild 4 von 7. Die Polizei schritt am 8. August 2017 mit einem Grossaufgebot ein und riegelte den Hof ab. Bildquelle: Keystone/Ennio Leanza.
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Bild 5 von 7. Die Pferde wurden vom Militär ins Kompetenzzentrum Veterinärdienst und Armeetiere nach Sand-Schönbühl gebracht. Bildquelle: Keystone/Ennio Lenz.
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Bild 6 von 7. Die 93 Pferde wurden zwangsversteigert. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 7 von 7. Die Thurgauer Regierung geriet unter Druck – sie habe zu lange zugeschaut. Die damals amtierende Regierungspräsidentin Carmen Haag stellte sich am 16. August 2017 den Kritikerinnen und Kritikern und räumte Fehler im Umgang mit dem Tierhalter ein. Bildquelle: Keystone/Christian Merz.
Die Staatsanwaltschaft verlangt eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren. Zudem soll der Angeklagte zu Geldstrafen, Bussen und Ersatzforderungen verurteilt werden und die Untersuchungs- und Verfahrenskosten tragen. Insgesamt sind dies über 100'000 Franken. In einem anderen Verfahren entschied das Bundesgericht bereits im Oktober 2020, dass der Pferdehändler keine Tiere mehr halten darf.
Die Hofräumung im August 2017 in Hefenhofen war der Höhepunkt einer Geschichte, die den Kanton Thurgau seit den 90er-Jahren beschäftigte. Ein unrühmliches Kapitel für den Kanton, wie ein externer Bericht aufzeigte.
Komplexer Tierschutzfall
Die Thurgauer Regierung setzte nach der Eskalation im August 2017 eine Untersuchungskommission ein, die im Oktober 2018 einen Bericht vorlegte. Dieser hält fest, dass Strafgerichte schon mehrmals zuvor die Zustände auf dem Hof als nicht tolerierbar beschrieben hatten. Die Thurgauer Regierung räumte daraufhin Fehler ein, verzichtete aber auf personelle Konsequenzen.
Im Sommer 2022 erhob die Thurgauer Staatsanwaltschaft nicht nur gegen den Tierhalter und mutmasslichen Tierquäler Anklage, sondern kurz darauf auch gegen den damaligen Leiter des Thurgauer Veterinäramts und drei seiner Mitarbeitenden.
Ehemaliger Kantonstierarzt ebenfalls vor Gericht
Der ehemalige Thurgauer Kantonstierarzt soll auch noch dieses Jahr ebenfalls vor Gericht stehen. Er ist unter anderem wegen mehrfachen Amtsmissbrauchs – teilweise durch Unterlassung – angeklagt. So soll er beispielsweise ein im Jahr 2013 angeordnetes Tierhalteverbot auf dem Hof in Hefenhofen nicht durchgesetzt haben.
Für alle Angeklagten in den verschiedenen Verfahren gilt die Unschuldsvermutung. Die Hauptverhandlungen im Fall Hefenhofen finden zwischen dem 1. und 21. März 2023 am Bezirksgericht Arbon statt. Die Urteile werden am 21. März erwartet.