Acht Wände, verteilt über das Churer Stadtgebiet, sind in den letzten Jahren zu Open-Air Leinwänden geworden. Neuster Zuwachs ist eine 170 Meter lange Mauer an der häufig befahrenen Ringstrasse.
Seit 2014 stellt die Stadt Flächen für legale Graffitis zur Verfügung. «Die Erfahrungen sind sehr positiv», sagt Helena Mettler, Leiterin der Kulturfachstelle Chur. Die Flächen würden sehr gut genutzt.
Die Kunstwerke, die dabei entstehen, sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Jedes abgeschlossenes Bild kann von einem anderen Künstler oder Künstlerin übermalt werden. So funktioniere die Szene, sagt Mettler. «Ein Bild kann ein Jahr bestehen oder aber nur einen Tag, je nach dem.»
Von der illegalen Sprayer-Szene zum Aushängeschild
In Sachen Streetart ist in Chur in den letzten Jahren einiges passiert. Eng verknüpft mit der Entwicklung ist der international tätige Churer Streetart-Künstler «Bane», alias Fabian Florin. Gemeinsam mit der Stadt hat er die Strassenkunst auf die Agenda gebracht.
Seine künstlerischen Wurzeln hat «Bane» in der illegalen Graffiti-Szene der 1990er Jahre. Churer Hinterhöfe waren sein Atelier. Heute ist Fabian Florin auf legalen Pfaden unterwegs und so etwas wie das Streetart-Aushängeschild der Bündner Hauptstadt.
«Ich verfolge das Ganze mit Interesse aber aus Distanz», sagt er heute zur illegalen Sprayer-Szene. Dass Städte Wände zur Verfügung stellen, findet Florin richtig. «Die Wände bieten Platz für Leute, die sonst illegal sprayen würden», sagt er.
Stadt steht hinter Streetart
Chur hat mittlerweile das Potential der Graffitikunst für sich entdeckt. Nebst den Wänden in der Stadt wurde vor etwa zwei Jahren sogar ein aufsehenerregendes Wandbild in Auftrag gegeben.
Den Zuschlag für die künstlerische Gestaltung des privaten Mühleturms, direkt an der Autobahn, bekam Fabian Florin gemeinsam mit seinem Künstlerkollegen «Pest».
Die Churer Streetart soll auch den Besucherinnen und Besuchern der Bündner Hauptstadt zugänglich sein. Chur Tourismus vermarktet die Strassenkunst und bietet eine Streetart-Tour an. Die Werke können so auf eigene Faust erkundet werden.
Diesen Juni ist das zweite Churer Streetart-Festival mit rund 60 Künstlerinnen und Künstler geplant. Treibende Kraft ist auch hier Fabian Florin. «Wir haben sechs grosse Fassaden zur Verfügung, von Privaten und der Stadt», freut er sich. Diese Bilder werden gemalt und bleiben dann bestehen. «Chur wird bunter», stellt Florin in Aussicht. Das Festival wird von der Stadt mit 50'000 Franken unterstützt.
Beiträge in dieser Grössenordnung, für einen einzelnen Anlass, sind nicht alltäglich in Chur. «Wir wollen uns klar als Streetart-Stadt positionieren», sagt Stadtpräsident Urs Marti. Urban und modern soll die Stadt sein, «und da ist die Szene eine gute Visitenkarte», so der FDP-Politiker.