Um was geht es? In der Schweiz werden jährlich fast 65’000 Tonnen Kleider in Spendensäcken entsorgt. Der Gedanke dahinter: Armen Menschen zu helfen. Doch oft kommt diese Hilfe gar nicht an. Laut einem EU-Bericht landen Kleiderspenden für Afrika oder Asien oftmals auf Mülldeponien.
Wo landen die gespendeten Kleider der Schweiz? Das grösste Schweizer Sammelunternehmen Texaid sammelt in Europa jährlich 80'000 Tonnen Kleider. Zwei Drittel der Sammelmenge wird in Betrieben in Italien, Belgien oder Osteuropa verwertet. Das restliche Drittel verarbeitet Texaid in den eigenen Betrieben. Davon werden 58 Prozent als Secondhand-Ware ins Ausland weiterverkauft. 17 Prozent werden zu Putzlappen und weitere 17 Prozent zu Recyclingwolle weiterverarbeitet. Die restlichen 8 Prozent werden im Abfall entsorgt.
Ähnlich sieht es beim zweitgrössten Kleidersammler Tell-Tex AG aus. 65 Prozent der gesammelten Kleider werden in europäische Länder exportiert, von verschiedenen Betrieben weiterverarbeitet und dann von lokalen Händlern weiterverkauft. Die restlichen 35 Prozent werden zu Putzlappen oder Rohstoffen verarbeitet. Bei der Caritas wird der Grossteil der gespendeten Kleider in der Schweiz wiederverwendet und so Personen mit tiefen Einkommen oder Asylsuchenden geholfen.
Was geschieht mit den Kleidern in den Zielländern? Sammelunternehmen wie Texaid verkaufen die brauchbaren Kleider unter anderem nach Afrika, Osteuropa und Asien. Dort werden sie von Kleiderverkäufern weiterverkauft. Ein Grossteil der Kleider, die in Afrika oder Asien landen, ist laut einem EU-Bericht jedoch für den Verkauf unbrauchbar und landet auf Mülldeponien. Alleine in Ghana kommen täglich 160 Tonnen Altkleider an. Gut die Hälfte davon landet auf dem über 20 Meter hohen Müllberg am Strand der Hauptstadt Accra. Texaid bestreitet, dass seine Kleider direkt auf Müllbergen landen. «Wir exportieren nur tragfähige Kleidung in Entwicklungsländer, sodass eine direkte Entsorgung weitgehend ausgeschlossen ist.»
Wie problematisch ist Fast Fashion für solche Länder? Sehr problematisch, sagt Greenpeace Schweiz. Dass so viele Kleider auf riesigen Müllhalden oder im Meer landen, habe verheerende Folgen für Mensch und Umwelt, so Michelle Sandmeier, Mediensprecherin von Greenpeace Schweiz. Insbesondere Kleider von Fast-Fashion- und Ultra-Fast-Fashion-Marken seien schädlich. «Diese Kleidung ist weder biologisch abbaubar noch recycelbar, weil sie meist aus Plastik und gemischten Materialien besteht», so Sandmeier.
«Durch den Export von Altkleidern hat der Globale Norden ein Hintertürchen gefunden, um seine nicht recyclefähigen Textilabfälle loszuwerden, und zwingt die Länder des Globalen Südens, sich mit diesen Abfallbergen auseinanderzusetzen», so Sandmeier.
Ergibt es noch Sinn, Kleider zu spenden? «Geht es in erster Linie darum, nicht mehr getragene Kleider loszuwerden, gibt es ökologisch sinnvollere Varianten», sagt Sandmeier. «Kleider können getauscht, an Bekannte weitergegeben, verkauft, in Secondhand-Shops oder in lokale Projekte gespendet werden, in denen nur angenommen wird, was auch gebraucht werden kann.»
Auch die Caritas versucht, so viele Kleider wie möglich in der Schweiz wiederzuverwenden. Das sei nachhaltiger als der Export. «Hierzulande leben rund 722'000 Personen, die von Armut betroffen sind. Gerade alleinerziehende Mütter sind froh, bei uns vergünstigt Kleider einkaufen zu können», so die Caritas Schweiz.