- Eine neue Software sollte den Alltag der Berner Kantonspolizei erleichtern. Seit anderthalb Jahren ist sie im Einsatz.
- Doch es gab Probleme bei der Einführung, Mehrkosten, unzufriedene Polizisten. Ein Bericht bestätigt nun Recherchen von SRF: Die neue Software wurde «massiv unterschätzt».
- Nach dem Flop mit der Polizeisoftware soll der Kanton Bern künftig auf Eigenentwicklungen verzichten, fordert die Geschäftsprüfungskommission GPK.
Ein innovatives Projekt, das es so in der Schweiz noch nicht gebe – so wurde seinerzeit die Polizeisoftware «Nevo/Rialto» angekündigt. Das Ziel der Software: Die Abläufe zwischen der Berner Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft digitalisieren und vereinheitlichen. Im April 2022 wurde die Software eingeführt.
Probleme seit Beginn
Doch statt Lob gab es von den Polizistinnen und Polizisten an der Front Tadel: Das Programm sei unzuverlässig, langsam und fehleranfällig, hiess es bereits kurz nach der Einführung der Software. «Wir fühlen uns als Versuchskaninchen», sagte ein Polizist gegenüber dem Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von SRF. «Wir können unseren Auftrag nicht mehr so erledigen, wie das von der Polizei eigentlich erwartet wird.»
Der Kanton hat das Informatikprojekt massiv unterschätzt.
Schliesslich hat sich auch die Geschäftsprüfungskommission des Berner Kantonsparlaments eingeschaltet: Die Finanzkontrolle sollte das Informatikprojekt durchleuchten. Nun liegt der Bericht vor. «Der Kanton hat das Informatikprojekt massiv unterschätzt», sagt Regina Fuhrer, Präsidentin der GPK. «Es gibt noch immer viele Stolpersteine.»
Die GPK stellt fest, dass die Projektziele von Nevo/Rialto bisher noch nicht vollständig erreicht wurden. Insbesondere die digitale «Brücke» zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei sei noch nicht fertig. Trotzdem: Ein Projektabbruch kommt zum jetzigen Zeitpunkt für die GPK nicht mehr infrage.
Folgen für die Zukunft
Bevor die Software aber bei der Staatsanwaltschaft eingeführt werde, müsse das System bei der Kantonspolizei verlässlich funktionieren. «Es braucht noch Verbesserungen», so die GPK-Präsidentin. Sie sei auch überzeugt, dass es nicht sinnvoll sei, bei der Informatik auf Eigenprojekte zu setzen. Zu gross seien die Risiken, eine Software ganz alleine entwickeln zu lassen.
Darum soll der Kanton künftig ganz grundsätzlich auf Eigenentwicklungen verzichten. Als gefährlich erachtet die GPK auch die Haltung, ein System sei alternativlos. Bevor ein Projekt definitiv umgesetzt werde, müsse sichergestellt sein, dass es verlässlich funktioniere. Ein solcher Entscheid müsse auf klar definierten Kriterien basieren, politischer Druck dürfe dabei keine Rolle spielen.
Über Bern hinaus
Eigentlich hätte die neue Software der Kantonspolizei auch im Kanton Basel-Stadt eingeführt werden sollen. Nach den Problemen in Bern stoppte die Basler Polizei die Einführung vor rund einem Jahr und zog sich aus dem Projekt zurück. Viel Geld sei mit diesem Entscheid verloren gegangen, sagte ein Sprecher des Basler Sicherheitsdepartements damals gegenüber SRF. Aber die Berner Lösung sei «unbefriedigend». Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, so die Devise in Basel.
Wieso diese Devise in Bern nicht galt, soll nun die Kantonsregierung aufzeigen, fordert die GPK. Die Regierung soll auch sagen, welche Lehren sie aus dem Debakel gezogen hat.