Zum Inhalt springen

Feuerwerk-Unfall in Nussbaumen «Ich gehe nicht davon aus, dass viel an Feuerwerk gebastelt wird»

Die grosse Explosion in Nussbaumen AG wurde durch Basteleien mit Feuerwerk in einem unterirdischen Hobbyraum ausgelöst. Die beiden verstorbenen Männer waren offenbar Pyro-Fans und stellten im Keller eigenes Feuerwerk her.

Zudem lagerten sie im selben Raum grosse Mengen illegal importiertes Feuerwerk – ohne Bewilligung oder Ausbildung. Der Aargauer Sprengexperte Walter Weber erklärt, was in Nussbaumen alles schiefgelaufen ist.

Walter Weber

Sprengmeister

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Walter Weber ist Sprengfachmann und Pyrotechniker mit eigener Firma in Erlinsbach AG. Er führt unter anderem Sicherheitssprengungen oder Gebäudesprengungen durch und bildet Sicherheitskräfte aus. Zudem plant und zündet Weber grosse Feuerwerke.

SRF News: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie vom Unfall gehört hatten?

Walter Weber: Da haben wohl ein paar Leute etwas gebastelt. Dass sie etwas machen wollten, das man nicht machen sollte. Sonst kann so etwas gar nicht passieren.

Laut der Staatsanwaltschaft wollten zwei Männer Feuerwerk herstellen. Worum geht es da?

Grundsätzlich braucht man dazu eine Herstellerbewilligung vom Bund. Darin wird geregelt: Was wird gemacht? Wo wird es gemacht? In welchen Chargen wird es gemacht?

Als Feuerwerk-Hersteller unterliegt man Kontrollen, was absolut Sinn macht.

Das Risiko wird abgewogen und die Örtlichkeiten müssen gesetzeskonform sein. Damit unterliegt man als Hersteller einer gewissen Kontrolle, was absolut Sinn macht.

Es braucht also Fachkenntnisse: Was ist genau nötig? Ein Kurs oder eine Prüfung?

Das hat keinen Zusammenhang mit dem Abfeuern von Feuerwerk. Dazu kann man eine Ausbildung machen, um grössere Feuerwerkskörper einsetzen zu dürfen. Dabei geht es aber um vorgefertigtes Feuerwerk. Man lernt nicht, zu «basteln».

Wenn man selber Feuerwerk herstellen will, braucht es zwingend Fachkenntnisse. Angefangen bei den Chemikalien – es geht um das Besorgen und Mischen, allenfalls um Mahlen und Pressen. Es braucht physikalische Kenntnisse. Es braucht vertiefte Kenntnisse und idealerweise sehr viel Erfahrung.

Absperrgitter
Legende: Auch eine Woche nach der Explosion ist das Gebiet weiträumig abgesperrt. Die Aufräumarbeiten dauern an. SRF

Ist das ein verbreitetes Hobby? Gibt es womöglich noch mehr Hobbyräume, in denen an Feuerwerk herumgebastelt wird?

Mir ist dazu nichts bekannt. Es gibt allenfalls kleine Versuche im Rahmen von Ausbildungen. Aber da sind Profis am Werk, mit ganz geringen Mengen. Ein Chemielehrer darf zum Beispiel einen Versuch machen. Dass aber in Hobbyräumen gebastelt wird, das hoffe ich ganz stark nicht. Und ich gehe auch davon aus, dass das nicht der Fall ist.

Im Fall Nussbaumen hat sich das Feuerwerk irgendwie entzündet. Wie kann das passieren?

Wenn man Feuerwerk herstellen will, arbeitet man mit so geringen Mengen, dass ein Vorfall kontrollierbare Auswirkungen hätte. Das andere sind die Fachkenntnisse. Man mischt verschiedene Stoffe, die sich bei der Herstellung grundsätzlich entzünden können.

Bei der Herstellung von Feuerwerk arbeitet man mit so geringen Mengen, dass ein Vorfall kontrollierbare Auswirkungen hätte.

Das fertige Produkt kann danach absolut sicher sein – zum Beispiel jene Produkte, die man im Detailhandel kaufen kann.

Was sind die Vorschriften für die Lagerung von Feuerwerk?

Die Lagerung von Chemikalien für die Herstellung unterliegt dem Chemikalienrecht. Es gilt eine Bewilligungspflicht. Fertig produziertes Feuerwerk aus dem Laden darf man 50 Kilogramm lagern – inklusive Verpackung. Dies in einem Raum, der auch anderen Lagerzwecken dienen kann. Und das bis zu 30 Tage.

Wenn man länger oder mehr Feuerwerk lagern will, braucht es einen speziellen Lagerraum für Pyrotechnik. Und für Mengen über 300 Kilogramm braucht es Ausnahmebewilligungen.

Einfahrt in zerstörte Tiefgarage
Legende: Die Decke der Tiefgarage wurde zum teil abgebrochen. Der Hobbyraum befand sich unterirdisch neben der Garage. SRF

Wie lagern Sie grosse Mengen Feuerwerk – zum Beispiel für den 1. August?

Für ein grosses Feuerwerk gibt es ein Drehbuch. Es ist klar, was man wann braucht und wie lange das Aufstellen dauert. Die Ware wird beim Lieferanten zusammengestellt und bleibt dort bis kurz vor der Verwendung. Dann wird sie geliefert, verbaut, abgeschossen und ist damit erledigt.

Das Gespräch führte Joel Dätwyler.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 20.6.2024, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel