Aufgewachsen ist Fidel Strub in Burkina Faso. Als Kleinkind bekam er die Tropenkrankheit Noma, die bei uns kaum bekannt ist. Noma ist eine Infektionskrankheit, an welcher die meisten Kinder sterben, bis zu 90 Prozent. Vermutlich rund 100‘000 Kinder pro Jahr. Wie viel genau, das weiss niemand. Es gibt lediglich Schätzungen.
«Ich war nur noch Haut und Knochen, als ich zu einem Arzt kam», sagt Fidel Strub. Wieso er überlebt habe, wisse er auch nicht. Er erinnert sich vor allem an die unsäglichen Schmerzen. Als er die Krankheit überlebt hatte, war sein Gesicht nicht mehr wie zuvor. Die Krankheit hatte seinen Kopf deformiert, der Gaumen und das Jochbein waren weg. Er musste sich ein Dutzend Mal operieren lassen, auch in Genf. Schliesslich adoptierte ihn ein Schweizer Ehepaar. So kam er zu seinem neuen Nachnamen Strub.
WHO will Noma mehr Aufmerksamkeit widmen
Seit Jahren kämpft er dafür, dass zu dieser Tropenkrankheit geforscht wird. Denn für die Pharmaindustrie sind Medikamente für die Südhalbkugel in der Regel zu wenig lukrativ. Fidel Strub gibt dieser Krankheit wortwörtlich ein Gesicht. Ende 2023 gelang es ihm mit zahlreichen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO diese Krankheit auf die Liste der vernachlässigten Krankheiten setzte.
Ein Meilenstein, wie Jürg Utzinger, der Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts Swiss TPH, bestätigt. Denn damit sei der Grundstein gelegt für Forschung und Massnahmen, um diese Krankheit, die auch als Krankheit der Armen gilt, in den Griff zu bekommen. Eine Krankheit, die vor allem dort vorkommt, wo Kinder schlecht ernährt sind, ein geschwächtes Immunsystem haben und in schlechten hygienische Verhältnissen leben müssen.
Hoffnung auf mehr Aufmerksamkeit
Jetzt hat ihn das «Time Magazine» zusammen mit einer Mitstreiterin als einen der hundert wichtigsten Menschen der Welt im Bereich Gesundheit ausgezeichnet. Diese Auszeichnung nimmt er in New York entgegen. Zum ersten Mal in seinem Leben ist der 33-jährige Fidel Strub in der Stadt, die ihm auf Anhieb gefällt. Denn im Gegensatz zu Frankreich, Deutschland oder der Schweiz werde er hier nicht angestarrt. Deshalb sei es für ihn sehr entspannend.
Fidel Strub hofft, dass dank der Auszeichnung für ihn und seine Mitstreiterin sowie dank der Berücksichtigung von Noma seitens WHO jetzt Bewegung in die Bekämpfung der kaum bekannten Tropenkrankheit kommt. In Zukunft solle, wer nach «Noma» googelt, zuerst auf die Krankheit stossen – und nicht wie heute auf irgendein Edelrestaurant in Dänemark mit demselben Namen.