Der Flughafen Zürich bekommt eine Verlängerung für zwei seiner Pisten. Das haben die Zürcherinnen und Zürcher am Sonntag mit fast 62 Prozent gutgeheissen. Wenig Freude löst das Wahlergebnis in Süddeutschland aus. Die Befürchtungen: Mehr Flugbewegungen, mehr Lärm. «Mit der Verlängerung können auch mehr schwerere Maschinen von und nach Deutschland fliegen. Wir befürchten, dass die Flugverkehrsbelastung zunehmen könnte», sagt Jürgen Wiener, Bürgermeister von Hohentengen am Hochrhein. Das deutsche Städtchen liegt nur 20 Kilometer Luftlinie vom Flughafen Zürich entfernt.
Bettina Kunz vom Flughafen Zürich widerspricht: «Auf einer Piste kann gleichzeitig immer nur ein Flugzeug starten oder landen. Deshalb kann aufgrund der verlängerten Pisten auch die Kapazität nicht erhöht werden.» Die Pistenverlängerungen hätten keine Auswirkungen auf den Lärm in Süddeutschland, das zeige auch ein Bericht der Empa. «Es ändert sich nichts an den Abflugrouten. Weiterhin drehen alle startenden Flugzeuge vor der deutschen Grenze nach Osten und Westen ab», so Kunz.
Nichtsdestotrotz: Jetzt wird die deutsche Politik aktiv. So haben drei Bundestagsabgeordnete zur Zürcher Abstimmung Stellung bezogen. Einer davon ist Andreas Jung von der CDU. Man respektiere zwar die Entscheidung der Zürcher Stimmbevölkerung, aber «wir erwarten von unserer deutschen Bundesregierung, dass sie unsere südbadischen Interessen gegenüber der Schweiz in Bern vertritt», sagt Jung. «Wir erwarten, dass konkret Gespräche aufgenommen werden über Fluglärmbelastung.»
Gespräche werden schon länger geführt. Der Flughafen Zürich ist im Austausch mit den süddeutschen Behörden über aktuelle Flughafenthemen. Auch im Vorfeld der Abstimmung habe man regelmässig über das Projekt informiert, heisst es.
Doch konkrete Gespräche sind Sache des Bundes. Diese hätten aber in den letzten zwei Jahren nicht stattgefunden, sagt Andreas Jung. «Es gehört zu guter Nachbarschaft, dass man die Karten auf den Tisch legt, miteinander redet, fragt, welches Belastungen sind, die entstehen könnten, und dann gute Lösungen findet.»
Auf Anfrage heisst es vom zuständigen Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL: «Baden-Württemberg sowie die Landkreise hatten sich bereits im Laufe dieses Sachplanverfahrens in den Jahren 2016 und 2017 im Rahmen der damals durchgeführten Anhörung und Mitwirkung geäussert. […] Der Bundesrat hat 2017 […] den Betrieb auf verlängerten Pisten aus Sicherheitsgründen festgesetzt, dies in Kenntnis der erwähnten Stellungnahmen.»
Doch wie geht es nun weiter? Eine Lösung bringt etwa der Bürgermeister Wiener ins Spiel: ein Staatsvertrag. «Wir müssen uns Gedanken machen, ob ein Staatsvertrag mit schlanken Regulierungen eine Lösung sein könnte. Dann wäre genau geregelt, wie hoch die Flugverkehrsbelastung in welche Richtung sein darf.»
Ob sich Deutschland und die Schweiz da auf Bedingungen einigen könnten? Immerhin wäre das nicht der erste Versuch einer Einigung. Ein ausgehandelter Staatsvertrag wurde Anfang der 2000er-Jahre vom Schweizer Parlament und dem Deutschen Bundesrat abgelehnt.