Als Hilfskraft begann die heute 54-jährige Angeklagte im Jahr 2008 an der Kasse der Fondation Beyeler in Riehen zu arbeiten. Dieses Kunstmuseum gehört landesweit zu jenen mit dem grössten Publikumsandrang; je nach Ausstellung zählt es bis rund eine halbe Million Besuchende im Jahr.
Zwei Jahre später stieg die Frau zur Leiterin des Kassenteams auf. Das Kassen- und Aufsichtspersonal ist nicht direkt beim Museum angestellt, sondern über eine international tätige grosse Dienstleistungsfirma.
Laut Anklage begann die Frau schon im ersten Jahr, dreistellige Bargeldbeträge aus dem Ticketverkauf in die eigene Tasche zu stecken. Mit der Zeit sollen es immer häufiger vierstellige Beträge geworden sein – bis sie Mitte 2019 aufflog.
Begehrlichkeiten begannen die finanziellen Möglichkeiten zu übersteigen.
Unter dem Strich wirft die Staatsanwaltschaft der Frau vor, mindestens 986'126 Franken veruntreut zu haben. Das entspricht im Durchschnitt 240 Franken an jedem einzelnen Tag ihrer Anstellung im Museum.
Zur Motivation der Angeklagten notiert die Anklage nur, dass ihre «Begehrlichkeiten die finanziellen Möglichkeiten zu übersteigen begannen». Zu hohen ungeklärten Bareinzahlungen auf ihr Konto und hohen Ausgaben etwa für Reisen oder Kleider machte die Frau vor Gericht keine oder nur marginale Aussagen.
Bargeld aus dem Verkauf von Eintrittsbilletts am Schalter zweigte die Frau gemäss Anklage mit diversen Tricks ab. Der grösste Teil soll auf Billetts entfallen, die nicht über die Kasse gebucht wurden, sodass beim täglichen Abgleich kein Fehlbestand auffiel.
Dabei soll sie für technische Pannen vorgesehene Notfalltickets verwendet haben sowie auch für erwarteten grossen Publikumsansturm vorgedruckte Tickets, mit denen jeweils Wartezeiten vermieden werden. Der ehemalige Aufsichtsleiter des Museums sagte als Zeuge aus, 2019 bei der Picasso-Ausstellung habe es 20- bis 40-mal pro Tag solche seltsamen Anweisungen mit Notfalltickets gegeben.
Kassen-Codes von Kolleginnen missbraucht
Überdies habe sie Tickets doppelt verkauft, indem sie unter Vortäuschen von technischen Problemen Gästen nur eine Quittung aushändigte und die Sicherheitskräfte anwies, jene zu akzeptieren. Gemäss Staatsanwaltschaft verkaufte sie die versteckt ausgedruckten Tickets darauf ohne neue Kassentransaktion.
Vorgeworfen wird der Frau auch, regulär erfolgte Billettverkäufe storniert und die entsprechenden Beträge aus der Kasse genommen zu haben. Dieses Vorgehen habe sie verschleiert, indem sie Codes ihrer Mitarbeitenden verwendet habe, sodass nicht nur bei ihr solche Stornobuchungen vermerkt waren. Die Anklageschrift listet 60 solcher Stornobelege aus den Jahren 2016 bis 2019 auf.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau deswegen gewerbsmässigen Diebstahl, mehrfache Veruntreuung, mehrfache Urkundenfälschung und gewerbsmässige Geldwäscherei vor. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren sowie eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 80 Franken. - Die Privatanklagevertreterin der Fondation Beyeler forderte ihrerseits einen Schadenersatz in der Höhe von 899'421 Franken zuzüglich Zins von 5 Prozent.
Der Verteidiger hingegen stritt die meisten Deliktvorwürfe ab. Nur in den wenigen Fällen der Stornierung zum eigenen Nutzen räumte er im Plädoyer eine Veruntreuung ein. Dafür beantragte er eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten. - Das Urteil soll am Freitag gesprochen werden.