- In den letzten zehn Jahren sind fast ein Drittel der 2700 Insektenarten verschwunden. Das belegt eine Studie, die drei Regionen Deutschlands untersucht hat.
- Auf Wiesen reduzierte sich demnach die Artenvielfalt um 34 Prozent. Die Insekten-Biomasse verzeichnete einen Verlust um zwei Drittel.
- Laut der Studie sind vom Artensterben besonders Insekten betroffen, die sich auf Wiesen, in landwirtschaftlich stark genutzter Umgebung und Wälder sowie Schutzgebieten aufhalten.
Auch wenn es sie noch gibt – blühende Wiesen, auf denen im Sommer unzählige Insekten summen und brummen – es ist stiller geworden in vielen Naturlandschaften. Das zeigt eine neue Studie.
Daten zwischen 2008 und 2017 erhoben
Die Ökologen werteten Daten aus den Jahren 2008 bis 2017 aus – zehn Jahre also, und das in drei Regionen Deutschlands. Das Ergebnis: Auf Wiesen verschwand innerhalb dieser zehn Jahre eine von drei Insektenarten. Die Masse aller Insekten zusammengerechnet ging um zwei Drittel zurück.
Diese Ergebnisse überraschen nicht, sie sind denen älterer Studien ähnlich. Neu sind Daten zum Wald, sagt Martin Gossner von der Eigenössischen Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft. Er war an der neuen Studie beteiligt. Bisher sei man davon ausgegangen, «dass dort die Artengemeinschaften viel besser gepuffert sind. Aber unsere Studie zeigt, dass wir auch dort einen Rückgang der Biomasse und der Diversität feststellen konnten.»
Rückgang auch in der Schweiz erwartet
Und die Forscher schauten genauer hin, welche Insekten es besonders trifft. Da zeigt sich: Auf den Wiesen sind es die sesshaften Arten, die also, die negativen Einflüssen vor Ort nicht so leicht entkommen können. Im Wald dagegen leiden vor allem die Arten, die gerne weit wandern oder fliegen – jene also, die auch weit weg von «zuhause» Schaden nehmen können. Das ist ein recht klarer Hinweis darauf, dass die intensive Nutzung der Landschaft auf offenen Flächen das Problem ist.
Klar werde laut Gossner aus den Daten auch: Ein sehr intensiv genutzter Acker in der Nähe macht keinen grossen Unterschied, es zählt die Summe, was grossflächig in einer Landschaft passiert. Daten aus der Schweiz gibt es nach wie vor nicht, aber «wir gehen davon aus, dass wir genauso auch in der Schweiz diesen Rückgang in der Biomasse und in der Diversität der Insekten feststellen.»
«Insektenschwund ist real»
Auf Wiesen und in Wäldern sind deutlich weniger Insekten unterwegs als noch vor einem Jahrzehnt, wie eine Studie unter Leitung von Forschern der Technischen Universität München (TUM) belegt. Die Wissenschaftler hatten in drei Regionen des Landes Insekten und andere Gliederfüsser wie Spinnentiere oder Tausendfüsser in Wäldern und Graslandschaften gezählt. Zumindest in letzteren hänge der Tierschwund vermutlich mit der Landwirtschaft zusammen, schreiben sie im Journal «Nature».
Die Studie liefere den stärksten bisher verfügbaren Beleg für den Rückgang der Insekten, schreibt William Kunin von der University of Leeds in einem Kommentar zu der Studie. «Das Urteil ist klar. Mindestens in Deutschland ist der Insektenschwund real – und er ist so schlimm wie befürchtet.»
«Das ist erschreckend»
Sowohl auf Wiesen als auch in Wäldern ging die Artenzahl im Studienzeitraum um etwa ein Drittel zurück. Auch deren Gesamtmasse nahm ab, besonders ausgeprägt in den Graslandschaften – um 67 Prozent. In den Wäldern schrumpfte sie um etwa 40 Prozent.
«Dass solch ein Rückgang über nur ein Jahrzehnt festgestellt werden kann, haben wir nicht erwartet – das ist erschreckend, passt aber in das Bild, das immer mehr Studien zeichnen», sagt Wolfgang Weisser von der TUM.