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Verzögerte Digitalisierung hinter Gefängnismauern
Aus Echo der Zeit vom 28.11.2020. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 22 Sekunden.

Fortschritte im Strafvollzug Im Gefängnis fängt die Digitalisierung jetzt erst an

Dicke Mauern und Sicherheitsbedenken stehen neuen Technologien im Weg. Trotzdem wird am Smart Prison gearbeitet.

Dass die Digitalisierung alle Bereiche der Gesellschaft erfasst und verwandelt hat, ist eine Binsenweisheit. Doch auch bei Binsenweisheiten gibt es Ausnahmen. Im Fall der Digitalisierung ist das der Strafvollzug: Im Gegensatz zum Rest der Gesellschaft ist dort von Digitalisierung noch kaum etwas zu spüren.

Das soll sich ändern: Diese Woche fand – Corona wegen virtuell – das Forum Justizvollzug statt, in diesem Jahr ganz im Zeichen des digitalen Wandels. Es ging um virtuelle Realität, die Gefangenen das Gefühl von Freiheit vermitteln kann oder um neue Möglichkeiten, mit den Angehörigen in Kontakt zu bleiben. Und auch das sogenannte Smart Prison war ein Thema.

Doch wer sich darunter intelligente Gefängniszellen vorstellt, wie ein Smart Home mit Sensoren und digitalen Geräten bestückt, irrt. Ein smartes Gefängnis lässt sich nicht mit den digitalen Möglichkeiten der Aussenwelt vergleichen. «Im Bereich der Digitalisierung wirkt die Gefängnismauer immer noch sehr stark», stellt denn auch Myriam Heidelberger fest, die das Projekt Smart Prison der Strafanstalt Witzwil im Berner Seeland leitet.

Video-Besuche und digitale Kontoführung

Heute ist der Umgang mit digitalen Geräten für die Insassen eine Ausnahme. Smartphones sind im Gefängnis verboten und das Internet darf nur eingeschränkt benutzt werden. Das Smart Prison soll das in Witzwil ändern. Bis in zweieinhalb Jahren soll dort bei allen Inhaftierten ein digitales Gerät in der Zelle stehen.

«Damit kann man telefonieren, einen Video-Besuch machen oder auch das Internet benutzen», erklärt Heidelberger. «Es gibt verschiedene Lernmöglichkeiten und die Möglichkeit eine Agenda oder ein Konto zu führen.» Im Rahmen der Renovation der Strafanstalt Witzwil wurde eine Million Franken für die digitale Haftraumtechnik reserviert. In dar Hoffnung, dass auch andere Institutionen im Kanton Bern von den neuen Erfahrungen profitieren können.

Dass der Justizvollzug der Aussenwelt in digitalen Dingen hinterherhinkt liegt auch daran, dass im Gefängnis stets die Gefahr besteht, eine Technologie könnte missbraucht werden. Strenge Sicherheitsvorgaben setzen neuen Technologien so enge Grenzen. Dazu kommen die Gefängnismauern, die oft zu dick sind, um etwa ein Wi-Fi-Signal durchzulassen oder um nachträglich noch Kabel zu verlegen.

Wichtig für die Resozialisierung

Das Strafgesetzbuch garantiert Gefängnisinsassen den Kontakt zur Aussenwelt. Ein Recht, dazu das Internet zu benutzen, gibt es aber nicht. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor drei Jahren in diesem Sinn entschieden.

Trotzdem stehen den Insassen in immer mehr Schweizer Gefängnissen nun digitale Kommunikationsmittel zur Verfügung. Nicht als Geschenk, um die Strafe zu versüssen, sondern als wichtiges Mittel zur Resozialisierung. Denn ohne entsprechende Kenntnisse fällt eine spätere Wiedereingliederung in die Gesellschaft schwer. «Es muss also Aufgabe des Justizvollzug sein, auch einen Beitrag zu leisten bei der Resozialisierung im digitalen Bereich», stellt Myriam Heidelberger deshalb fest.

SRF Digital Podcast, 27. November 2020

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