- Die Gesundheitskommission des Nationalrats beantragte mit einer Motion die Erhöhung der Krankenkassen-Franchise auf 500 Franken.
- Die Mehrheit der Kommission argumentierte mit einem Spareffekt von 430 Millionen Franken.
- Die grosse Kammer schmetterte die Motion mit 162:21 Stimmen ab – nach einer giftigen Debatte über Interessenbindungen.
Bruno Pezzatti (FDP/ZG) präsentierte die Überlegungen der Kommissionsmehrheit: Mit einer Mindestfranchise von 500 Franken könnten Kassen und damit die Prämienzahler um 430 Millionen Franken entlastet werden. Diese Erhöhung sei für Kranke finanziell verkraftbar, betonte Pezzatti und verwies auf Prämienverbilligungen, Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung.
Wer hatte die Idee?
Kommissionssprecher Pezzatti sah sich dann aber unverhofft mit Fragen zu seinen Interessenbindungen konfrontiert, die er im Rat nicht deklariert hatte. Schliesslich bestätige er, dass er im Beirat der Groupe Mutuel sitzt, ebenso, dass die Motion aus Versicherungskreisen eingebracht worden war. Darauf meldete sich Ulrich Giezendanner (SVP/AG) zu Wort: Die Idee stamme von ihm und er sei Verwaltungsrat der Krankenkasse KPT.
Kommissionssprecher unter Druck
Ein weiterer Befürworter der 500-Franken-Franchise war Raymond Clottu (SVP/NE). Auch er sitzt im Beirat der Groupe Mutuel. Brisant: Noch am Vorabend hatte er für dieses Geschäft einen Rückweisungsantrag eingereicht, am Donnerstagmorgen aber wieder zurückgezogen. Fabian Molina (SP/ZH) fragte ihn, warum er das Geschäft auf nach den Parlamentswahlen schieben wollte. Er habe nicht vor, im Herbst zu kandidieren, entgegnete Clottu auf diese vermeintliche Unterstellung.
Als sich Raymond Clottu (SVP/NE) all den Fragen der linken Fraktion stellte, führte er seine Antworten lange aus. So lange, dass ihm Nationalratspräsidentin Marina Carobbio-Guscetti nach mehrmaliger Bitte das Mikrofon abstellte. Schliesslich wollten sowohl Clottu als auch Pezzatti keine Fragen mehr beantworten.
SP warnt vor schlimmen Folgen für ärmere Familien
Dies gab den Gegnern Platz für ihre Argumentation. Yvonne Feri (SP/AG) und andere SP-Vertreter warnten vor schlimmen Folgen für ärmere Familien bei Annahme der Motion. Betroffene, die sich schon die jetzige Mindestsfranchise nicht leisten könnten, würden mit einem Arztbesuch zu lange warten. Dieses Verhalten wirke sich auf die Gesamtbilanz negativ aus. Zudem sei die Prämienverbilligung kantonal unterschiedlich geregelt.
«Wer sich eine höhere Franchise leisten kann, bezahlt diese schon jetzt», betonte Feri. Als mögliche Lösungen schlug Feri einkommensabhängige Prämien vor. Eine 500-Franken-Franchise sei aber definitiv der falsche Weg. Die grosse Mehrheit im Rat folgte ihrem Minderheitsantrag und lehnte die Motion mit 162 gegen 21 Stimmen ab.