Die Basler Staatsanwaltschaft fährt schweres Geschütz auf: Sie will die parlamentarische Immunität von Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/Basta) aufheben lassen, wie der «Blick» am Montag berichtete. Eine offizielle Bestätigung dazu gibt es von der Staatsanwaltschaft nicht, weil es sich um ein laufendes Verfahren handle.
Jedoch zeigen auch Recherchen des «Regionaljournal Basel» von Radio SRF, dass die Staatsanwaltschaft gegen Arslan unter anderem wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration und Verstoss gegen die Covid-Verordnung ermittelt. Im Rahmen dieser Ermittlungen will sie nun bei der zuständigen Immunitätskommission des Parlaments einen entsprechenden Antrag um Aufhebung der Immunität stellen.
Normalerweise drehen sich Gesuche um die Aufhebung des parlamentarischen Schutzes um Delikte wie Korruption, Amtsgeheimnisverletzung oder Rassendiskriminierung. Weshalb die Staatsanwaltschaft nun hier aktiv geworden ist, bleibt unklar. Sie will sich mit Verweis auf das Amtsgeheimnis und den Persönlichkeitsschutz nicht zum Fall äussern.
Fakt ist: Sibel Arslan war bei der unbewilligten Demonstration zum Frauenstreiktag im Juni 2020 in Basel tatsächlich vor Ort. Jedoch hat sie zwischen Polizei und Demonstrantinnen vermittelt, nachdem die Polizei den Demonstrationszug auf der Johanniterbrücke eingekesselt hatte und die Teilnehmerinnen kontrollierte. Der damalige Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP) lobte daraufhin die Vermittlungsarbeit Arslans explizit.
In kleineren Fällen wie diesen behandle die Justiz Parlamentarierinnen und Parlamentarier wie normale Bürger, erklärt Aline Trede, Vizepräsidentin der Immunitätskommission des Nationalrats und Fraktionskollegin von Sibel Arslan. «Nur wenn etwas im Amt passiert oder in der Nähe des Amts wird ein Antrag gestellt, die Immunität aufzuheben», sagt Trede auf Anfrage. Weshalb die Basler Staatsanwaltschaft hier tätig werde, sei ihr rätselhaft. Es gäbe nur eine Erklärung dafür: «Für mich persönlich ist dieser Schritt politisch motiviert. Man will offensichtlich, dass der Fall an die Öffentlichkeit kommt.» Dass sich ihre Kommission nun mit dem Fall beschäftigen müsse, sei «unwürdig», so Trede.
Für mich persönlich ist dieser Schritt politisch motiviert.
Tatsächlich hatte die Immunitätskommission in den letzten zehn Jahren wenig zu tun. Sie musste in neun Fällen über eine Aufhebung entscheiden. In nur zwei Fällen wurde der parlamentarische Schutz aufgehoben, wie beispielsweise beim Ex-Nationalrat Christian Miesch (SVP, BL), gegen den im Zusammenhang mit der sogenannten Kasachstan-Affäre ermittelt wurde. Miesch wurde später von den Vorwürfen entlastet.