Wer in der Schweizer Super League spielt, für den steht Fussball im Zentrum. Das gilt aber nur für die Männer. Im Frauenfussball sieht das anders aus. Das zeigt ein Blick in die höchste Schweizer Frauen-Liga anlässlich des Weltmädchenfussballtags, der am Sonntag in Solothurn zelebriert wird.
Mittwochabend, Fussballplatz Schachen, Aarau. Rund 20 Personen trainieren im strömenden Regen, auf ihren Trainingskleidern prangt der schwarze Adler, das Wappen der Stadt Aarau. Auf den ersten Blick das gleiche Logo wie bei den Männern des FC Aaraus. Erst beim genaueren Hinschauen wird klar: Der Adler trägt rote Stiefel. Denn hier trainieren die «Red Boots», die FC Aarau Frauen.
Bis zu zehn Mal pro Woche trainieren sie für die Women's Super League. Wer nicht in einem Studium ist, arbeitet daneben – nicht selten 100 Prozent. Anders geht es nicht. Denn nur eine Spielerin des Kaders hat einen Profivertrag: Goalie Seraina Friedli, Nationaltorhüterin. Alle anderen müssen arbeiten, um zu leben.
Elf-Stunden-Tage sind die Regel
Zum Beispiel Flavia Näf, Mittelfeldspielerin, 30 Jahre alt, hauptberuflich Kantonspolizistin. «Ich beginne um 6 Uhr mit meiner Arbeit, arbeite dann bis meist bis halb 5, vielleicht reicht es dann noch für einen Powernap, dann trainiere ich und bin schlussendlich um viertel vor 10 Uhr zu Hause, danach kann ich schlafen. So sieht eigentlich jeder Tag aus bei mir.» Näf ist kein Einzelfall: Im Team hat es Lehrerinnen, eine Fachfrau Gesundheit, kaufmännische Angestellte, Lehrlinge. Manche arbeiten weniger und verzichten auf Lohn, um die Trainingsbelastung auszuhalten.
Und genau das führt dazu, dass Talente im Frauenfussball frühzeitig aufhören würden, sagt Walter Berli, Co-Präsident der FC Aarau Frauen: «Wir haben das mehrfach erlebt im Verein, dass grosse Talente die ganze Belastung nicht mehr tragen können und dann aufhören im Leistungsfussball. Das ist sehr schade.»
Wir haben das mehrfach erlebt, dass grosse Talente die Belastung nicht mehr tragen können und aufhören.
Gerne würde der Aarauer Co-Präsident allen Spielerinnen ein Salär zahlen, aber das liege nicht drin. Einerseits gebe es dafür zu wenig Geld vom Verband: «Wir können damit nicht mal unsere Basiskosten decken», so Berli. Und andererseits werde Frauenfussball noch immer zu wenig wahrgenommen und damit werde auch Sponsoring schwierig. «Frauenfussball kommt ab und zu per Zufall in den Medien. Aber er muss regelmässig zu sehen haben, zum Beispiel im Fernsehen einen fixen Platz haben», so Berli. Erst dann bekomme Frauenfussball «Visibilität und genug Aufmerksamkeit» und dann würden hoffentlich auch die Aarauer Super-League-Spielerinnen eine eigene Kabine bekommen, was aktuell nicht der Fall sei.
Bessere Bedingungen in Basel, aber generell Luft nach oben
Eigene Kabinen haben hingegen die Spielerinnen der FC Basel Frauen. Sie gehören zu den wenigen Vereinen in der Schweiz, die den Fussballerinnen etwas mehr bieten können. «Die Spielerinnen habe alle einen Arbeitsvertrag und müssen noch ungefähr 50 Prozent arbeiten. Sie finden hier eine top Infrastruktur, sie haben eine eigene Kabine, die Wäsche wird gewaschen, das sind nur einige Punkte, die der FCB bietet», erklärt Trainerin Danique Stein. Die FCB-Frauen trainieren ausserdem auf einem modernen Campusgelände, auf dem auch die FCB-Nachwuchsmannschaften sind.
Es braucht nicht nur Geld und Aufmerksamkeit, sondern auch Frauen in Führungsgremien.
In den letzten zehn Jahren hat der Frauenfussball zwar dank guten Resultaten der Schweizer Nationalmannschaft einen Boom erlebt, sagt Frauenfussball-Expertin Seraina Degen. Es fehle aber noch einiges: «Wir sind jetzt an einem Punkt, da braucht es nicht nur Geld und Aufmerksamkeit, sondern es braucht auch Frauen, die entscheiden, Frauen in Führungsgremien. Momentan haben wir nur eine Frau in der Geschäftsleitung im Schweizerischen Fussballverband und das ist definitiv zu wenig.»