4 Minuten und 53 Sekunden dauerte der Überfall. Mit einem gestohlenen Lieferwagen, getarnt als Telecom-Fahrzeug, fuhren die fünf jungen Haupttäter im Jahr 1997 um 10:30 Uhr in den Innenhof der Zürcher Fraumünster-Post. Dort standen Holzkisten für einen Geldtransport bereit. Die Täter hatten davon durch einen Post-Mitarbeiter Wind bekommen.
Die Räuber sprangen aus dem Lieferwagen, bedrohten die Postangestellten mit Pistolen und luden die Holzkisten, gefüllt mit insgesamt 53 Millionen Franken in den Kofferraum des Lieferwagens. Dann rasten sie davon. Der Coup ging in die Schweizer Kriminalgeschichte ein und gilt als Postraub des Jahrhunderts. Selbst der legendäre britische Posträuber Ronnie Biggs, der 1963 den spektakulären Postzugraub bei Mentmore beging, sendete damals ein Gratulationsschreiben.
Bewunderung mündete in Spott und Hähme
Doch die Freude der Täter hielt nicht lange an. «Der entscheidende Meilenstein war, dass wir den Chef der Täterschaft in Mailand lokalisieren konnten», sagt der damalig zuständige Bezirksanwalt Rolf Jäger. Zehn Tage nach dem Überfall gelang es den Fahndern den Drahtzieher, drei Räuber und diverse Helfer zu verhaften. Auch rund 20 Millionen Franken wurden sichergestellt.
Die Zeitung «Blick» titelte kurz darauf: «So dumm waren die Posträuber!» In der Tat zeigt sich in den folgenden Wochen, dass die Posträuber und ihre Helfer von kaum zu überbietender Stümperhaftigkeit waren.
Der Postbeamte, der die Insider-Informationen lieferte, liess sich von den Überwachungskameras filmen, als er den späteren Tatort fotografierte. Zwei Räuber tranken vor dem Überfall neben der Fraumünsterpost einen Espresso, und der Kellner konnte der Polizei die noch nicht abgewaschenen Tassen samt DNA–Spuren übergeben. Ein anderer verlor am Tatort ein Foto mit seinen Fingerabdrücken.
Eine solche Tat wäre heute kaum mehr möglich
Nach dem Jahrhundert-Raub stärkte und professionalisierte die Post ihr Sicherheitsmanagement. Hochrisikotransporte etwa hat die Post ausgelagert. Und auch die Sicherheitsmassnahmen der Banken sind heute ausgefeilter und die Ermittlungstechnologie der Polizei mit Videokameras und Handyüberwachung viel besser.
Banken oder Poststellen seien heute weniger attraktive Tatobjekte, sagte Nora Markwalder, Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität St. Gallen vor einem Jahr in einem SRF-Beitrag. Auch sei die Beute, die potenziell erwartet werden könne, heute tiefer. Man könne davon ausgehen, dass weniger Bargeld direkt am Schalter vorrätig ist als in früheren Jahren. Stichworte dazu sind die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und die Umstellung auf bargeldlose Kartenzahlungen.
Diese Entwicklung bestätigt auch die Statistik. Die Zahlen in der Kriminalstatistik schwanken zwar stark, bei sämtlichen Raubdelikten ist aber eine leicht abnehmende Tendenz erkennbar. Banken werden heutzutage seltener überfallen als früher. Ein Raubüberfall in der Grösse des Fraumünster-Postraubes vor 25 Jahren wäre heute kaum mehr denkbar. «Das hat sich alles in den digitalen Raum verlagert. Es gibt eine massive Zunahme von Cyberkriminalität», sagt der ehemalige Bezirksanwalt Rolf Jäger.