Rosmarie Kiener steht an einem Abhang an der Aare und ärgert sich. Die Stadtberner Koordinatorin für Neophytenbekämpfung zeigt auf die Böschung unterhalb des Felsenauviadukts der A1. «Es ärgert mich, wie die Robinien immer wieder nachwachsen.» Ärgern darum, weil sich Rosmarie Kiener um die Artenvielfalt sorgt. «Die Robinien lassen anderen Pflanzen keine Chance.»
Die Stadt möchte die Robinien loswerden – und kämpft seit ein paar Jahren gegen die Bäume an: mit Schneiden und Fällen, mit dem Entfernen der Rinden, damit die Robinien langsam sterben. Alles mit mässigem Erfolg, wie Rosmarie Kiener feststellt.
Robinien sind nicht die einzigen Pflanzen, welche in Bern bekämpft werden: Auch viele andere sind auf der schwarzen Liste. Für die Bekämpfung investiert die Stadt Tausende von Franken. Zivildienstler, Asylsuchende und rund 200 Freiwillige sind im Dauereinsatz.
Gute und böse Pflanzen?
In der Schweiz werden Millionen für die Neophytenbekämpfung ausgegeben. Der Bund plant, den Handel mit solchen Pflanzen weiter einzuschränken. Einer, der sich darüber aufregt, ist Markus Kobelt. Er ist Geschäftsführer von Lubera, einer Baumschule in Buchs SG.
«Es ist nicht sinnvoll, Pflanzen in Gut und Böse einzuteilen.» Markus Kobelt spricht denn auch von einer «grassierenden Pflanzenfremdlichkeit». Das sei nicht gut: Gerade in Zeiten des Klimawandels könnten fremde Pflanzen eine Art Versicherung sein.
Robinien und andere Pflanzen würden sich besser an den Klimawandel anpassen als Alteingesessene, so Kobelt. Er selber lag auch schon im Clinch mit den Behörden: Der Gärtner wollte Pflanzen verkaufen, die laut dem Bund nicht mehr verkauft werden dürfen. Auch weigerte er sich, die Pflanzen mit einem Warnhinweis versehen.
Umdenken in der Waldpflege
Als invasiver Neophyt gilt immer mehr auch die beliebte Tessinerpalme. Doch neue Arten auf Teufel komm raus zu bekämpfen – das werde auch in internationalen Fachkreisen immer mehr hinterfragt, sagt Forstingenieur und Umweltjournalist Lukas Denzler: «Ab einem gewissen Punkt stellt sich die Frage, wo und ob überhaupt die Bekämpfung noch Sinn macht.»
Heisst: In Naturschutzgebieten mache es wohl Sinn, einzelne Pflanzenarten zu bekämpfen. Andernorts sei es wohl besser, die Natur machen zu lassen. Denn gerade im Wald könnten Pflanzen, welche heute als störend gelten, künftig durchaus wichtig sein, weil sie beispielsweise mit der Trockenheit besser umgehen können. «Gerade in Försterkreisen hat aufgrund teilweise massiver Probleme einheimischer Hauptbaumarten in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden», sagt Lukas Denzler.
Weiterhin bekämpfen
In der Stadt Bern sieht man das anders. Da geht die Bekämpfung der Neophyten weiter. Bis jetzt hätten sich die neuen Pflanzen nicht ins heimische Ökosystem integriert, sagt Neophytenbekämpferin Rosmarie Kiener. In den nächsten Tagen schickt die Neophytenkoordinatorin deshalb wieder Zivildienstler in den steilen Hang. Der Auftrag: unbeliebte Pflanzen eliminieren.