Für viele Firmen im Tessin ist Deutsch eine wichtige Voraussetzung bei der Personalwahl. Dennoch wird heute erst ab dem zehnten Schuljahr Deutsch unterrichtet. Vorrang hat Französisch, das in der Primarschule startet.
Wenig Verständnis dafür hat Oliviero Pesenti, der Präsident des Tessiner Industrieverbandes. Auch im Tessin werden bald viele Angestellte pensioniert. Er ist besorgt wegen des drohenden Personalengpasses.
Deutsch sei wichtiger als Englisch
«Für uns im Tessin ist Deutsch sehr, sehr wichtig», sagt Pesenti. Natürlich sei auch Englisch wichtig, aber viele Firmen aus Deutschland oder der Deutschschweiz hätten Ableger im Tessin, und «in diesen Firmen wird Deutsch gesprochen».
Wollen wir mehr Deutschunterricht, müssen wir andernorts Stunden streichen.
Der Tessiner Industrieverband fordert daher, dass der Deutschunterricht mindestens ein Jahr früher beginnen soll, also bereits ab dem neunten und nicht wie bisher zehnten Schuljahr. Im Gymnasium soll Deutsch dann obligatorisch werden.
Stundenplan sei zu voll
Der Tessiner Erziehungsdirektor Manuele Bertoli nimmt die Forderung der Tessiner Wirtschaft gelassen entgegen und winkt ab. Das Tessin habe bereits mehr Fremdsprachenunterricht als viele andere Kantone, der Stundenplan sei zu voll. «Wollen wir mehr Deutschunterricht, müssen wir andernorts Stunden streichen. Das wird sehr schwierig», so Bertoli.
Auch wenn die Forderung des Tessiner Industrieverbandes für mehr Deutsch an Tessiner Schulen derzeit wenig Gehör erhält: Der Tessiner Erziehungsdirektion ist die Bedeutung der guten Deutschkenntnisse durchaus bewusst. Sie verfolgt jedoch eine andere Strategie.
Um Deutsch zu lernen, setzt die Tessiner Erziehungsdirektion auf Sprachaustauschprogramme. Junge Tessinerinnen und Tessiner profitierten mehr davon, wenn sie vor Ort regelrecht in die fremde Sprache eintauchen, als wenn sie diese trocken am Schulpult pauken, so die Überlegung.