Das Wichtigste in Kürze
- Es ist der Traum vieler junger Menschen: Ein Sprachaufenthalt irgendwo im Ausland.
- «Kassensturz» zeigt mit zwei Beispielen von der Sprachschule Education First (EF), wie dieser Traum jäh platzen kann. Nämlich dann, wenn die Unterkunft ungeheizt, voller Schimmel und Ungeziefer ist.
- Zwar bezahlt EF den Betroffenen «aus Kulanz» einen Teil der Kosten zurück. Doch viel zu wenig, sagt ein Rechtsexperte.
Es sollten die besten vier Wochen ihres Lebens werden: Die beiden Freundinnen Ivana und Vanessa planten einen Sprachaufenthalt in den USA. Die internationale Sprachschule EF (Education First), bei der sie ihren Aufenthalt buchen, kannten sie von Vorträgen in ihrer Schule. Der Auftritt dort, in den Prospekten und im Internet erscheint den zwei KV-Angestellten sehr professionell. Voller Vorfreude reisen sie nach Miami Beach.
Das Zimmer war total dreckig, verschimmelt, es hatte Käfer am Boden.
Als sie dort ihre Unterkunft beziehen, werden sie allerdings jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: «Das Zimmer war total dreckig, verschimmelt, es hatte Käfer am Boden», erinnert sich Vanessa. Sie erwarteten keine Luxusunterkunft, aber «einigermassen bewohnbar darf sie für diesen Preis durchaus sein», findet Vanessa. Immerhin bezahlten die jungen KV-Angestellten für Schule unter und Zimmer weit über 3000 Franken.
Fotografieren verboten
Am selben Abend kontaktieren sie ihren Ansprechpartner von EF Schweiz. Und hören erst mal nichts. Vanessa und Ivana ziehen ins Hotel. Vier Tage später offeriert ihnen EF ein neues Zimmer im selben Haus an. Allerdings bietet sich den Sprachschülerinnen das gleiche Bild: Schmutz und Schimmel überall. Beweisen können sie das nicht, denn sie dürfen die Räume nicht fotografieren. Sie lehnen die Zimmer ab.
Eine Woche später dann ein letzter Versuch in der gleichen Unterkunft. Wieder ist das Zimmer dreckig. Doch sie resignieren und bleiben, übernachten auf fleckigen Matratzen. Am nächsten Tag teilen sie EF mit, dass sie den Aufenthalt abbrechen und nach Hause reisen. «Darauf kam keine Reaktion. Mir kam es so vor, als käme es tagtäglich vor, dass jemand abbricht», erzählt Vanessa.
Aus Geste der Kulanz haben wir 500 Franken gutgeschrieben.
EF – laut Eigendeklaration die grösste Sprachschule weltweit – will die Vorwürfe vor der Kamera nicht kommentieren. In einer Stellungnahme schreibt EF an «Kassensturz»: «Das erste Zimmer entsprach nicht den EF-Standards, weshalb den beiden Frauen nach Meldung des Mangels Alternativen angeboten wurden. (…) Gemäss AGB wären wir nicht verpflichtet gewesen, eine Rückvergütung zu gewähren. Aus Geste der Kulanz haben wir 500 Franken gutgeschrieben.»
Unterkunft ohne Heizung
Eine ähnliche Geschichte erzählt die 19-jährige Nadia im «Kassensturz». Eigentlich wollte sie für 13 Wochen in New York ihr Englisch aufbessern. Kostenpunkt: Über 10'000 Franken. Auch sie wird in einer eher bescheidenen Unterkunft untergebracht: Die Heizung funktioniert nicht, die Wände sind kaum isoliert, der Wind ist im Zimmer deutlich spürbar und der Lärm gross. Das Mini-Bad teilt sie mit sieben anderen Bewohnern.
Nach sechs Wochen merkte ich, es geht nicht mehr. Ich wollte nur noch nach Hause.
Nadia will durchhalten: «Erst dachte ich, das ist vielleicht normal, vielleicht sind meine Ansprüche zu hoch.» Doch dann hört sie von mehreren Mitstudentinnen die gleichen Klagen. So beschwert sie sich nach einem Monat bei EF. Die Schule bietet ihr ein neues Zimmer an: Das Bad muss sie nur noch mit drei Mitstudenten teilen. Kälte, Lärm und Durchzug aber bleiben. «Nach sechs Wochen merkte ich, es geht nicht mehr. Ich wollte nur noch nach Hause.» Kurz nach der Hälfte des Sprachkurses brach auch sie ihren Aufenthalt ab.
Entschädigung steht in keinem Verhältnis
Zu diesem Fall schreibt EF: «Frau C. kontaktierte unseren Unterkunftsverantwortlichen erst nach über einem Monat, und dies nicht auf Grund eines Mangels im Zimmer, sondern weil sie das Bad mit weiteren Studenten teilen musste (…). Daraufhin konnte sie das Zimmer wechseln. (..) Erfolgt der Abbruch nach der Hälfte der Kursdauer, erfolgt gemäss unseren AGBs grundsätzlich keine Rückerstattung. Dies gilt für Kurse, die länger als 5 Wochen dauern.»
Aus Kulanz bietet EF der Familie 1500 Franken an. «Zu wenig», findet «Saldo/K-Tipp»-Rechtsberater Michael Krampf: «In diesem Fall müsste sich EF grosszügiger zeigen. Frau C. sollte eine Rechnung stellen und auflisten, was sie konkret zu Gute hat.»
Schmutzige, kalte, laute Unterkünfte. Scheinbar keine Seltenheit. Das zeigen viele negative Bewertungen von EF-Kunden im Internet. Und auch «Saldo»-Rechtsexperte Michael Krampf hat regelmässig mit diesem Problem zu tun: «Wir haben häufig Rückmeldungen von Sprachschülern, die mit ihren Unterkünften unzufrieden sind. Wichtig ist in einem solchen Fall, dass man sofort vor Ort beim Anbieter und in der Schweiz reklamiert.» Kann der Veranstalter keine bewohnbare Unterkunft anbieten, habe man das Recht, den Aufenthalt abzubrechen. «Die Sprachschule muss dann den Betrag für die Übernachtung und für die nicht besuchten Unterrichtsstunden zurückerstatten.»
Ob Vanessa diesen Aufwand auf sich nehmen wird, weiss sie noch nicht. Viel wichtiger ist ihr vor allem eins: «Es muss sich einfach mal jemand wehren, nicht dass weitere Schüler in dieselbe Falle tappen.»