Der Nationalrat möchte Hobbygärtnerinnen und Rosenliebhaber zum Kurs aufbieten, wenn sie Pflanzenschutzmittel einsetzen wollen, die für Mensch, Insekten und Wasserlebewesen giftig sind. Im Gegensatz zum Ständerat wollte die grosse Kammer diese rund 270 Pflanzenschutzmittel für Private nicht verbieten.
Markus Ritter, Mitte-Nationalrat und Präsident des Bauernverbandes, begründete den Vorschlag mit Verweis auf die professionellen Ausbildungen für Landwirtschaft und Gärtnereien. «Dieses Ausbildungsangebot existiert bereits heute. Es muss nichts Neues erfunden werden: Lehrmittel und Lehrpersonen sind vorhanden, zum Beispiel an den landwirtschaftlichen Zentren.»
Die Einwände von SVP-Nationalrat Thomas Aeschi waren vergeblich: «Wenn jeder Privatanwender, der einmal im Jahr seine Rosen spritzt, einen tagelangen Kurs machen muss, der tausende Franken kostet – dann ist das unglaublich viel Bürokratie und hat nichts mit einer liberalen Lösung zu tun.»
Dagegen war auch Sophie Michaud Gigon von der Grünen Partei. Sie wollte wie der Ständerat ein Verbot dieser Stoffe. Bei den Kursen seien zu viele Fragen offen: Wer bietet die Kurse an, wer bezahlt sie, wer garantiert dafür, dass das Wissen à jour bleibe?
Auch Innenminister Alain Berset hält die Kurse für eine schlechte Idee. Ausserdem hätten die Kantone schlicht keine Ressourcen dafür. Dort finden die Ausbildungen für die Profis statt. Bei der Pflanzenschutzstelle des Kantons Zürich schildert Markus Hochstrasser mit Blick auf die Landwirtschaft: «Man ist zwei Tage in der theoretischen Ausbildung. Danach verbringt man einen Tag an den Maschinen und Geräten.» Abgeschlossen werde der Kurs mit einer Prüfung, die einen halben Tag dauert.
Fachleute sind skeptisch
Inhaltlich seien die Kurse umfassend: «Es geht nicht nur darum, das richtige Mittel auszuwählen, sondern es auch korrekt anzuwenden.» Das Ziel sei, dass möglichst wenige negative Effekte auf die Umwelt auftreten. «Man darf nicht auf die Strasse oder den entwässerten Weg spritzen. Sonst ist das Zeug beim nächsten Regen dort, wo es nicht sein sollte.»
Bei Jardin Suisse, dem Unternehmensverband der Gärtnerinnen und Gärtner, erklärt Fachmann Josef Poffet, wie auch bei den Profis die Vorschriften strenger würden. «Neu bekommt eine Gärtnerin oder ein Gärtner diese Produkte für Profis beim Einkauf nur noch, wenn der Ausweis hinterlegt ist.» Auch Weiterbildungen sind neu obligatorisch. Die Übergangsfrist dauert laut Bund bis ins Jahr 2026.
Beide Fachleute haben ihre Fragezeichen, ob dieses Vorgehen auch sinnvoll ist für die private Anwendung dieser Chemikalien. Poffet möchte nicht, dass Hobbygärtnerinnen und Profis gleich behandelt werden: «Wir dürfen Privatleuten nur noch Mittel zur Verfügung stellen, die in Bezug auf Wirkstoffe, Verpackungsgrösse etc. vertretbar sind.»
Die Idee des Nationalrates öffnet auch in der Praxis ein weites Feld an Fragen. Der Vorschlag geht nun zurück in den Ständerat.