Eine spezielle Entdeckung haben Archäologen in Kaiseraugst gemacht: Bei Bauarbeiten letzten Dezember kamen Überreste eines bisher unbekannten römischen Amphitheaters zum Vorschein. Jetzt wurden erste Erkenntnisse zu dem Fund präsentiert. Ausgrabungsleiter Jakob Baerlocher überraschte vor allem das Alter des Bauwerks.
SRF News: Beim Fund handelt es sich um das jüngste je entdeckte Amphitheater des Römischen Reichs. Wie sensationell ist das?
Jakob Baerlocher: Ob es wirklich eine Sensation ist, müssen andere beurteilen. Es ist für uns aber sehr überraschend gekommen und sicherlich auch ein Fund, den man nicht jeden Tag macht – auch nicht in Augusta Raurica. Was mich persönlich am meisten überrascht hat, ist, dass dieses nicht ganz kleine Monument – wir sprechen hier von einem Oval mit einer Grösse von 40 auf 50 Metern – bis im Dezember komplett unerkannt und unbekannt im Boden geblieben ist. Das hat es für mich äusserst überraschend gemacht.
Wir haben dort einen Steinbruch vermutet.
Wir haben dort einen römischen Steinbruch vermutet, der sich auch dort tatsächlich befindet. Dass aber in dem bereits aufgelassenen Steinbruch dann noch ein Amphitheater zu einem späteren Zeitpunkt erbaut worden ist, war wirklich eine grosse Überraschung.
Fast 2000 Quadratmeter gross ist dieses Amphitheater also. Weiss man denn auch, was dort stattgefunden hat?
Von der Grösse her entspricht es ungefähr den beiden bekannten Amphitheatern in der Oberstadt, die aber zum Zeitpunkt des neu entdeckten Amphitheaters bereits aufgegeben worden waren. Wir gehen davon aus, dass in solchen Amphitheatern, vor allem in der Spätantike, Tierhatzen aufgeführt worden sind, also Spiele, bei denen wilde Tiere aufeinander losgelassen worden sind oder exotische Tiere von Jägern erlegt worden sind.
Dass auch Gladiatorenkämpfe stattgefunden haben, ist nicht auszuschliessen, aber unwahrscheinlich.
Dass dort auch Gladiatorenkämpfe stattgefunden haben, ist nicht auszuschliessen, aber unwahrscheinlich. Wie wir aus den Schriftquellen wissen, hat das Gladiatorenwesen im Verlauf des 4. Jahrhunderts an Bedeutung verloren, weil es mit dem aufkommenden Christentum nicht mehr vereinbar war und spätrömische Kaiser diese Art der Spiele nicht mehr gefördert haben.
Der Bau des Amphitheater erfolgte relativ spät in der Zeit des römischen Imperiums. Macht es das speziell, dieses Datum?
Ja, das macht den Fund doch aussergewöhnlich, weil es eben eine Zeit ist, in der sonst eigentlich keine neuen Amphitheater mehr errichtet worden sind. Man hat bestehende Arenen renoviert, erweitert und zum Teil auch umgebaut. Aber dass man ein neues aus dem Boden gestampft hat, ist doch aussergewöhnlich – zumindest in den Nordwestprovinzen, so weit wir das übersehen können.
Kann man damit rechnen, dass sich solche Funde wiederholen?
Es ist sogar ziemlich sicher, dass noch weitere Funde hinzukommen werden. Ob wir noch ein weiteres Amphitheater entdecken, ist aber eher zu bezweifeln. Aber es ist wegen der sehr hohen Dynamik in der Baubranche davon auszugehen, dass immer wieder archäologische Befunde an Orten wie Augusta Raurica zum Vorschein kommen.
Uns wäre es natürlich lieber, wir könnten die Funde im Boden belassen, sie dort geschützt weiter schlummern lassen. Dies, weil eine Ausgrabung, insbesondere wenn sie durch ein Bauprojekt ausgelöst wird, auch die Zerstörung dieser archäologischen Hinterlassenschaft bedeutet. Und das ist bedauerlich, weil es eine endliche Ressource ist. Insofern sind wir bemüht, die Grabungen möglichst gering zu halten und die Funde im Boden zu lassen. Im Falle dieses Amphitheaters ist das ja jetzt auch gelungen.
Das Gespräch führte Philipp Schrämmli.