Mehr Arbeit bei gleichem Lohn und unsicheren Jobaussichten: Die Gemeinde Ostermundigen befürchtet, dass ihr die eigenen Verwaltungsangestellten weglaufen, wenn die Fusion mit der Stadt Bern tatsächlich umgesetzt werden sollte. Deshalb sollen Angestellte in «Schlüsselpositionen» mit mehr Geld zum Bleiben bewegt werden.
Die Rede ist von einem bis drei Monatsgehältern mehr in den kommenden zwei Jahren für ausgewählte Personen. Die Gemeindeverwaltung plage sich mit dem Fachkräftemangel, man könne nicht riskieren, Angestellte zu verlieren: «Ganz schwierig zu finden sind Personen für die Finanzen, die Bauverwaltung und Hauswartungen», sagt Gemeindepräsident Thomas Iten.
360'000 Franken für Boni
Eine Gemeinde trete in diesen Bereichen gegen die Privatwirtschaft an. Selbst wenn man einen Abgang ersetzen könne, koste dieser viel Geld – Ostermundigen rechnet, dass die Einarbeitung pro Mitarbeitenden einen Jahreslohn kostet.
360'000 Franken möchte der Ostermundiger Gemeinderat in einer ersten Runde für Bonuszahlungen ausgeben, in den Genuss sollen 36 Angestellte kommen. Diese würden nach ihren Funktionen ausgewählt und betreffen Mitarbeitende, die in einem Bereich arbeiten, in dem ein «gesetzlicher Auftrag» erfüllt wird.
Externe Firmen sind teurer als Bleibeprämien.
Dazu gehörten etwa das Ausstellen von Gastrobewilligungen oder das Bearbeiten von Baugesuchen. «Wenn wir die Arbeiten an externe Firmen vergeben müssen, dann sind die Kosten dafür höher als für die Bleibeprämien», so Iten.
Keine Abwanderung befürchtet hingegen die Stadt Bern. Gegenüber SRF heisst es, man rechne nicht mit mehr Kündigungen aufgrund der Fusionspläne.
«Böses Blut» bei jenen vermeiden, die keinen Bonus bekommen
Die Angst der Gemeinde ist nicht unbegründet, sagt Professor Adrian Ritz. Er forscht an der Uni Bern zu Public Management. Man wisse aus der Forschung, wie wichtig der «people factor» sei, also dass zentrale Leute im Job bleiben. «Wenn sie fehlen, kann die Fusion ins Wanken kommen. Etwa, wenn Sachen nicht gut laufen oder wenn es zu Verzögerungen kommt.» Die Kunden, also die Einwohnerinnen der Gemeinde, würden dann unzufrieden.
Die Frage ist, wie jene Mitarbeitenden Ostermundigens reagieren, die kein Extra-Geld erhalten. Ob sie bleiben wollen, wenn einzelne Kolleginnen und Kollegen einen Bonus erhalten oder sich lieber einen Job in der Privatwirtschaft suchen, der eventuell besser bezahlt wird. «Dann können wir sie vielleicht nicht ersetzen und einen Teil der Leistungen einer Gemeinde nicht erbringen, das wäre bedauerlich. Aber es würde keine Funktionen betreffen, die gesetzlich vorgeschrieben sind», erklärt der Ostermundiger Gemeindepräsident Thomas Iten.
Demotivation ist ein Risiko.
Es sei eine Herausforderung, wenn nur einzelne Geld erhalten und der Grossteil nicht, sagt Forscher Adrian Ritz: «Es besteht das Risiko der Demotivation. Man muss allen Wertschätzung zeigen.» Weiter sei wichtig, dass klar und transparent erklärt werde, welche Funktionen besonders viel oder überdurchschnittliche wichtige Leistungen brächten.
Neuer Vorschlag im Frühling
Die Idee der Bleibeprämien ist auch im Gemeindeparlament umstritten und wurde in einer ersten Diskussion zurückgewiesen. Kritisiert wurde etwa die Höhe der Boni. «Der Grundtenor aber war, dass wir etwas machen müssen,» sagt Thomas Iten. Bis im Mai wolle man nun versuchen, eine neue Idee auszuarbeiten, wie man einzelnen Angestellten das Weiterarbeiten vergolden könnte.