Sie sind Fussballerinnen und Fussballer mit jeder Faser ihres Körpers, die Frau und die etwas über zwanzig Männer, die sich auf einem Kunstrasenplatz auf der Luzerner Allmend in vier Teams Bälle zuspielen. An diesem kühlen Morgen jedoch wirken sie eher ungelenk. Ihre Bälle kommen unsicher, sie freuen sich schon über bestenfalls halbwegs gelungene Pässe, und einer ruft: «Wahrscheinlich müssen wir mehr miteinander reden.»
Kicken mit Brillen, die Sehbehinderung simulieren
Mehr reden, weil schauen nicht geht: Denn die Leute auf dem Kunstrasen, die normalerweise Fussballteams trainieren, tragen heute nebst Trikot unter anderem auch Brillen, die eine Sehbehinderung simulieren – als Bestandteil ihrer Ausbildung zum «Fussballtrainer für Menschen mit Behinderung».
Und die Brillen hinterlassen einen starken Eindruck: «Man steht auf dem Platz und sieht den Ball bloss, wenn er kommt und wenn man ihn spielt», sagt Kursteilnehmer Luca Sommaruga, Assistenztrainer beim FC Luzern. «Doch man hat keine Ahnung, wo man steht und wie die anderen Spieler aufgestellt sind.»
Dies ist genau eines der Ziele der Ausbildung: Fussballtrainerinnen und -trainer sollen sich in Menschen hineinfühlen können, die Fussball spielen wollen trotz einer Beeinträchtigung – sei es eine körperliche oder eine psychische. Und so lernen, Trainingseinheiten für Jugendliche mit einem Handicap zu planen.
Klarer gezeichnete Linien, eindeutigere Teams
«Menschen, die Sport treiben wollen, sollen dies tun können, auch mit Beeinträchtigungen», sagt Markus Kummer, Instruktor des Innerschweizerischen Fussballverbands und einer von vier Kursleitern. «Und weil Fussball ein Sport mit viel Integrationspotenzial ist, ist es sinnvoll, dafür zu sorgen, dass alle Fussball spielen können.»
Auch Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen Sport treiben können.
Wobei Kummer aus eigener Erfahrung weiss, dass dabei die unterschiedlichsten Aspekte bedacht werden müssen: Mit seinem Verein, dem FC Brunnen, hat er schon mehrere Turniere mit Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung ausgetragen. «Ähnlich wie bei einem Training mit Kindern müssen da zum Beispiel die Linien klarer gezeichnet und die Teams eindeutiger bezeichnet werden, damit sich die Leute auf dem Feld orientieren können», sagt er.
Der Fussballplatz als Modell für den Alltag
Hinter dem Kurs steht die Stiftung «Football is more». Ihr Ziel ist es, sozial benachteiligte oder durch Beeinträchtigungen handicapierte Kinder und Jugendliche über den Fussball besser in die Gesellschaft zu integrieren. Sie organisiert dazu weltweit Förderprojekte – unter anderem eben diesen schweizweit ersten Inklusions-Ausbildungskurs für Fussballtrainer.
«Wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammen Fussball spielen, dann merken sie, dass es zwischen ihnen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt», sagt Projektleiterin Valérie Mazza-Heller. «Die Hoffnung ist, dass diese Erkenntnis vom Fussballplatz dann in den Alltag weitergetragen wird.»
Am besten würde dies mit gemischten Teams funktionieren – doch davon gibt es in der Schweiz bislang nur wenige. «Football is more» will versuchen, dies mit dem Trainerkurs zu ändern. Damit sich dieser nicht in Trockenübungen erschöpft, arbeiten die Teilnehmenden auf der Luzerner Allmend auch direkt mit Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung.
Und diese Jugendlichen bringen schon mal genauso viel Spielfreude mit wie jene, die die Kursteilnehmenden gewöhnlich trainieren. Der 16-jährige Garish jedenfalls sagt: «Kommt doch nicht darauf an, wer besser ist und wer schlechter. Hauptsache, wir spielen und haben Spass.»