Ein gefälschtes Zertifikat kaufen, statt sich impfen zu lassen. Im Kanton Schaffhausen fälschte ein Mitarbeiter des Kantonalen Impfzentrums mutmasslich mehrere hundert Zertifikate. Während mehrerer Wochen – scheinbar ungestört. «Er nahm Daten von tatsächlich geimpften Personen, änderte diese ab und erstellte daraus ein inhaltlich unwahres Zertifikat», sagt der Schaffhauser Staatsanwalt Peter Sticher in der «Rundschau».
Nach Hinweisen des Bundesamts für Polizei und einer Meldung aus dem Impfzentrum, konnte der Fälscher überführt werden. Teilweise habe der Hauptverdächtige die Zertifikate verschenkt, teilweise habe er sie für 300 bis 400 Franken verkauft. «Ich finde das verwerflich», sagt Sticher.
Leichtes Spiel gehabt
Der Hauptverdächtige kam in Untersuchungshaft. Sein Delikt: Mehrfache Urkundenfälschung. Es drohen ihm mehrere Jahre Freiheitsstrafe. Nihat Tektas, Pflichtverteidiger des Hauptverdächtigen, bestätigt: Es sei ziemlich einfach gewesen, die Zertifikate zu erstellen. «Mein Mandant hat zwei, drei Handlungen gemacht und schon sind die Zertifikate erstellt gewesen», sagt er.
«Er hat keine vertieften IT-Kenntnisse benötigt.» Deshalb könne man ihm keine grosse kriminelle Energie vorwerfen. Der Hauptverdächtige bedauere mittlerweile die Vorfälle und sei bereit, zu seinen Taten zu stehen. Über das wahre Ausmass seines Handelns sei er sich wahrscheinlich erst im Nachhinein bewusst geworden.
Schweizweites Problem
Schaffhausen ist kein Einzelfall. In den vergangenen Tagen häufen sich Meldungen aus verschiedenen Kantonen. Als Beispiel: Im Kanton St. Gallen sollen laut «CH Media» 6000 missbräuchliche Zertifikate ausgestellt worden sein. Die Verdächtigen seien in Untersuchungshaft. Und im Kanton Bern hat die Kantonspolizei zwei Personen festgenommen, die im Spital Moutier arbeiten. Sie werden verdächtigt, mehr als 100 Zertifikate gefälscht zu haben.
Und Recherchen der «Rundschau» zeigen: Fast allen Kantonen sind Fälle von Zertifikatsfälschungen bekannt. Mal nur ein paar wenige – wie in Appenzell Ausserrhoden. Mal massiv viele – wie in Schaffhausen oder Waadt. Es laufen schweizweit diverse Verfahren wegen Fälschung von Impfzertifikaten. Einzig den Kantonen Jura, Tessin und Uri sind nach eigenen Angaben bisher keine Fälle bekannt.
Wer trägt die Verantwortung?
Das Bundesamt für Gesundheit sieht die Verantwortung bei den Kantonen. Die Kontrollmöglichkeiten durch den Bund seien begrenzt: «Zahlreiche Leistungserbringer sind durch die Kantone zur Ausstellung von Zertifikaten berechtigt; wer impft oder testet, muss auch Zertifikate ausstellen können», schreibt das BAG. Der Bund sei wöchentlich im Austausch mit den Kantonen und diskutiere Hinweise und Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Systems.
Im Kanton Schaffhausen will das Gesundheitsamt, welches zuständig ist für das Impfzentrum, zum konkreten Fall keine Stellung nehmen: «Es handelt sich um ein laufendes Verfahren.» Für Staatsanwalt Peter Sticher ist allerdings klar, die Schwachstelle sei der Mensch: «Wenn man jemandem gewisse Befugnisse gibt, muss ein gewisses Vertrauen vorhanden sein.»